Sexistische Werbung
Verschiedene Ämter der Stadt Leipzig entwickelten gemeinsam mit dem Beirat für Gleichstellung von Frau und Mann einen Kriterienkatalog zu sexistischer Werbung in Leipzig
Dieser soll dazu dienen, im Einzelfall zu entscheiden, ob und inwiefern eine Werbung vorliegt, die diskriminierend ist und daher untersagt werden sollte. Zu beachten ist hierbei, dass es keine gesetzlichen Regelungen zum Umgang mit diskriminierender Werbung gibt. Soweit in Einzelfällen Werbung untersagt worden ist, weil sie diskriminierende Inhalt hatte, handelt es sich um einzelne gerichtliche Entscheidungen, die auf Grundlage des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb erlassen wurden. Jede Entscheidung darüber, ob eine Werbung als diskriminierend angesehen wird, ist eine Einzelfallentscheidung. Grundsätzlich genießt auch die Werbung den grundrechtlichen Schutz der Freiheit der Meinungsäußerung, was bei jeder Entscheidung zu berücksichtigen ist. Auf dieser Grundlage soll der Kriterienkatalog eine Entscheidungshilfe bilden.
Kriterienkatalog zu sexistischer Werbung in Leipzig
Eine abschließende, allgemein gültige Definition von geschlechterdiskriminierender, sexistischer Werbung zu liefern, ist nicht möglich. Bei der Beurteilung von Werbung spielen das persönliche Werteverständnis und das subjektive Empfinden der Betrachtenden - und nicht zuletzt auch deren Geschlecht - eine große Rolle.
Eine Annäherung an den Begriff "sexistische Werbung" ist aber sehr wohl möglich. Und es gibt Kriterien beziehungsweise Fragen, die helfen können, Werbung im Hinblick auf ihren sexistischen Gehalt zu beurteilen.
In der Werbung sollen vor allem keine Darstellungen und Aussagen verwendet werden,
- die Personen allein wegen ihres Geschlechts, ihres Glaubens, ihre politischen Anschauung, ihres Alters, ihrer Behinderung, ihrer Herkunft, ihrer Sprache, ihrer Rasse oder ihrer Zugehörigkeit einer Berufsgruppe diskriminieren
- die Gewalt oder Verharmlosung von Gewalt gegenüber Personen und Sachen darstellen beziehungsweise Gewalt als akzeptabel erscheinen lassen
- die Personen mit Objekten gleichsetzt oder den Eindruck erweckt, die Personen seien käuflich zu erwerben
- die Personen auf ihre Sexualität reduziert oder ihre sexuelle Verfügbarkeit nahelegt
- die pornographisch sind
- die durch übertrieben dargestellter Nacktheit das Geschlecht herabwürdigen
- die Personen abwertet, weil sie im Bezug auf ihr Verhalten und ihre Eigenschaft insbesondere ihre sexuelle Orientierung nicht den vorherrschenden Vorstellungen entspricht.
Unter Berücksichtigung der genannten Punkte sollte eine allgemeine Entscheidung getroffen werden, ob die Werbung als diskriminierend angesehen wird. In Zweifelsfällen ist das Referat Gleichstellung oder/ und das Rechtsamt einzubinden.
Liegt eine diskriminierende Werbung vor, so ist darauf zu achten, dass im Rahmen der eigenen Zuständigkeit darauf hingewirkt wird, dass diese Werbung entfernt oder nicht verwendet wird.
Freiwillige Verhaltensregeln der Werbewirtschaft
Um den Diskussionen zur Diskriminierung insbesondere der sexistischen Werbung Rechnung zu tragen, hat sich die Werbewirtschaft freiwilligen Verhaltensregeln unterworfen. Der Deutsche Werberat bildet das Kontrollorgan für die Einhaltung dieser Verhaltensregeln. Dieses Gremium formuliert Grundsätze, nach denen sie Werbung beurteilen. In den meisten Fällen enthalten die Grundsätze auch eine mehr oder weniger detaillierte Definition von sexistischer Werbung. Ausgangspunkt dafür sind die Grundregeln der Internationalen Handelskammer ICC. Dort ist in Artikel 4, Ziffer 1 festgehalten, dass Werbung nicht diskriminierend sein darf, auch nicht in Bezug auf das Geschlecht.
Weitere gesetzliche Regularien sind nicht möglich, somit auch keine Regelung zur sexistischen Werbung im Rahmen kommunaler Satzungen.
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Was können Sie gegen sexistische Werbung tun?
- Richten Sie Ihre Beschwerde (mündlich oder schriftlich) direkt an das Geschäft, das Unternehmen oder die Dienstleistung, welche die sexistische Werbung einsetzt.
- Wenden Sie sich an die Werbeagentur, welche die Werbung (zum Beispiel Plakat, Werbespot) produziert hat.
- Um Ihrer Kritik eine Öffentlichkeit zu verschaffen, schicken Sie einen offenen Leser/-innen-Brief an Print-Medien.
- Schicken Sie Ihre Beschwerde an den Deutschen Werberat.
- Wenden Sie sich mit Ihrer Beschwerde an die Anbieter der Werbefläche. Zum Beispiel Ströer DERG Media GmbH, JC Decaux Deutschland GmbH
- Sie können sich an das Referat für Gleichstellung von Frau und Mann der Stadt Leipzig wenden, sofern Handlungsspielräume für die Stadt bestehen.
Handlungsspielräume und Einflussmöglichkeiten der Stadt Leipzig
- Werbung Dritter: Hier hat die Stadt Leipzig keinerlei Einflussmöglichkeiten, jedoch können sich die Verbraucher/-innen an den deutschen Werberat wenden.
- Werbung der Stadt Leipzig und der Eigenbetriebe: Hier sind der Stadt alle Gestaltungsmöglichkeiten gegeben. Dies gilt auch für Werbung der rechtlich unselbständigen Eigenbetriebe.
- Werbung der rechtlich selbständigen Eigengesellschaften: Hier besteht für den Gesellschafter (Stadt Leipzig) die Möglichkeit, durch ein Schreiben, auf die Beschlussfassungen des Leipziger Stadtrates hinzuweisen und damit Einfluss zu nehmen.
- Veranstaltungswerbung, für die eine Sondernutzungserlaubnis erforderlich ist: Hier sind der Stadt weitgehende Einflussmöglichkeiten gegeben.
- Werbeverträge, bei denen die Stadt Vertragspartner ist: In den Verträgen sind bereits jetzt Klauseln formuliert, wodurch Werbeaufträge zurückgewiesen werden können. Über diese Klauseln bestehen Einflussmöglichkeiten, die gegebenenfalls bei der Neuverhandlung der Verträge präzisiert werden können.
- Werbeverträge, die städtische Gesellschaften abgeschlossen haben: Die Gesellschaften können mit einem Schreiben gebeten werden, hier ebenso zu verfahren, wie die Stadt bei ihren eigenen Werbeverträgen verfährt.
Position der Stadt Leipzig
Im Folgenden finden Sie die bisherigen Verfahren und Regelungen der Stadt Leipzig.
Petition V/P 090/12 vom 19.03. 2012 (Chronologie)
- 25.11.2011 Start der Kampagne "Stoppt sexistische Werbung in Leipzig"
- 16.01.2012 Start der Online-Petition
- 1.076 Menschen unterzeichneten die Petition
- 08. März 2012 Übergabe der Unterschriftenliste und der Petition, während der Festveranstaltung zum Internationalen Frauentag, an den Oberbürgermeister
- 13. März 2012 Versand der Petition an die Ratsversammlung der Stadt Leipzig
- 08. Mai 2012 Anforderung einer Stellungnahme der Verwaltung durch die Ratsversammlung der Stadt Leipzig, Petitionsausschuss
- 19. Juni 2012 Einreichung der Stellungnahme in die Dienstberatung des Oberbürgermeisters und damit Start des Mitzeichnungsverfahrens
- 03. Juli 2012 Ende des Mitzeichnungsverfahrens: erneute interne Diskussion
- 13. September 2012 Überarbeitung der Stellungnahme durch die Verwaltung
- 16. Oktober 2012 Einreichung der Stellungnahme in die Dienstberatung des Oberbürgermeisters
- 22. November 2012 Beschluss der Ratsversammlung (RBV-1406/12 vom 22.11.2012) Schluss mit sexistischer Werbung in Leipzig
Beschluss der Ratsversammlung (RBV-1406 vom 22.11.2012)
Die Petition V/P 090/12 "Schluss mit sexistischer Werbung" ist als erledigt anzusehen, da die Verwaltung bereits folgende Maßnahmen veranlasst hat:
- Der Ratsbeschluss RBIII-1362/03 wird inhaltlich erweitert und erneut bestätigt.
- Die Leiterinnen und Leiter von Fachämtern und von Eigenbetrieben sind verantwortlich, in Zukunft stärker auf frauenfeindliche und diskriminierende Aussagen von Werbung zu achten und diskriminierungsfrei zu gestalten.
- Die Beteiligungsunternehmen der Stadt Leipzig werden vom Oberbürgermeister in einem gesonderten Schreiben auf die Petition und die Beschlussfassung im Stadtrat sowie damit verbundene Problemlagen hingewiesen.
Votum: einstimmig angenommen
Entscheidungsgründe:
Bei der Entscheidung wurde nicht überprüft, was im Einzelfall als sexistisch zu werten ist. Bei der Entscheidung stand vielmehr die Frage im Mittelpunkt, welche Einflussmöglichkeiten die Stadt überhaupt auf Werbung hat. Dabei sind die folgenden Fallgruppen zu unterscheiden:
- Werbung Dritter: Keine Möglichkeiten der Beeinflussung durch die Stadt, jedoch Möglichkeit für die Verbraucher sich an den deutschen Werberat zu wenden.
- Werbung der Stadt Leipzig und der Eigenbetriebe: Hier sind der Stadt alle Gestaltungsmöglichkeiten gegeben. Dies gilt auch für Werbung der rechtlich unselbständigen Eigenbetriebe.
- Werbung der rechtlich selbständigen Eigengesellschaften: Hier besteht für den Gesellschafter (Stadt Leipzig) die Möglichkeit, durch ein Schreiben, wie unter Beschlußpunkt 3 vorgeschlagen, Einfluss zu nehmen.
- Veranstaltungswerbung, für die eine Sondernutzungserlaubnis erforderlich ist: Hier sind der Stadt weitgehende Einflussmöglichkeiten gegeben.
- Werbeverträge, bei denen die Stadt Vertragspartner ist: In den Verträgen sind bereits jetzt Klauseln formuliert, welche Werbeaufträge zurückgewiesen werden können. Über diese Klauseln bestehen Einflussmöglichkeiten, die ggf. bei der Neuverhandlung der Verträge präzisiert werden können.
- Werbeverträge, die städtische Gesellschaften abgeschlossen haben: Die Gesellschaften können mit einem Schreiben gebeten werden, hier ebenso zu verfahren, wie die Stadt bei ihren eigenen Werbeverträgen verfährt.
Beschluss der Ratsversammlung (RBIII-1362/03)
Werbenutzungsvertrag zwischen der Stadt Leipzig und den Firmen Deutsche Städte-Medien GmbH und JCDecaux Deutschland GmbH
Der Oberbürgermeister wird gebeten, an die betroffenen Unternehmen einen allgemeinen Appell zu richten, noch stärker als bisher bei der Auswahl von Werbekampagnen gegenüber ihren Kunden und deren Agenturen sowie den jeweils zuständigen Fachverbänden auf die Problematik entsprechender diskriminierender Werbeinhalte beziehungsweise -darstellungen hinzuweisen. Sollte es im Nachgang dazu in Einzelfällen dennoch zu entsprechenden Werbekampagnen kommen, wird er weiterhin gebeten, in Abhängigkeit der damit verbundenen rechtlichen Folgen zu prüfen, ob und wenn ja, inwieweit diese untersagt beziehungsweise gestoppt werden müssen.
Folgeinitiative der Gleichstellungs- und Frauenbeauftragten: Vierter Frauenförderplan der Stadtverwaltung Leipzig 2014 - 2018
Unter Punkt 6 Sexuelle Belästigung des Vierten Frauenförderplan der Stadtverwaltung Leipzig ist folgendes zu finden:
6.2 Schluss mit sexistischer Werbung
Als Antwort auf die Petition V/P 090/12 "Schluss mit sexistischer Werbung" vom Runden Tisch gegen Gewalt an Frauen und Mädchen fasste der der Stadtrat den Beschluss RBV-1406/12. Darin heißt es unter anderen:
- Die Leiterinnen und Leiter von Fachämtern und Eigenbetrieben sind verantwortlich, in Zukunft stärker auf
- Frauenfeindliche und diskriminierende Werbung zu achten beziehungsweise sie diskriminierungsfrei zu gestalten.
- Dies gilt auch für Veröffentlichungen und Anzeigen der Stadt. Bestehende interne Regelungen (zum Beispiel Leitfaden zur Erstellung von Publikationen) sind entsprechend zu überarbeiten.
Werbekonzept der Stadt Leipzig für Werbeanlagen im öffentlichen Raum, die im Rahmen einer Konzessionsvergabe vergeben werden (Außenwerbekonzession)
Am 07.09.2017 wurde vom Stadtrat die Vorlage VI-DS-04071-NF-01 geändert beschlossen.
Beschluss:
- Das "Werbekonzept der Stadt Leipzig für Werbeanlagen im öffentlichen Raum, die im Rahmen einer Konzessionsvergabe vergeben werden" (siehe Anlage) wird bestätigt.
- Die Ausschreibung der noch nicht vergebenen Werberechte erfolgt inklusive der Beschaffung, Errichtung und Betreibung von Fahrgastunterständen mit Werbeanlage in einem Los. Als Option werden Fahrgastunterstände ohne Werbung, öffentliche Toilettenanlagen und die Möglichkeit, gebrauchte Fahrgastunterstände einzusetzen, ausgeschrieben.
- Die sechs Ziele der Neuausschreibung mit der Priorität in der aufgeführten Rangfolge werden bestätigt.
- Im Ergebnis des Verhandlungsverfahrens ist eine Übernahme- oder Kaufoption für die im Rahmen der Konzession errichteten Fahrgastunterstände am Ende des Konzessionszeitraumes abzuschließen.
- Der Oberbürgermeister wird ermächtigt, im Rahmen des Verhandlungsverfahrens die Errichtung der Fahrgastunterstände aus der Ausschreibung herauszulösen, wenn sich die Beschaffung, Errichtung und Betreibung unter Berücksichtigung der zu erwartenden Konzessionseinnahmen durch ein städtisches Unternehmen wirtschaftlicher darstellt.
Der Passus für die Präambel des Werbekonzeptes wird wie folgt angepasst:
"Werbeinhalte für Werbeanlagen im öffentlichen Raum haben den gesetzlichen und behördlichen Vorschriften und den guten Sitten zu entsprechen. Die Grundsätze des Deutschen Werberates sind einzuhalten. Unzulässig ist Werbung für Suchtmittel, welche von Schulen und Kindergärten (jeweils gemessen ab Außenkanten Schul- beziehungsweise Kindergartengelände) eingesehen werden kann."
Beschlüsse des Stadtrates:
Beschluss Nr. VI-DS-04733 der Ratsversammlung vom 13.12.2017,
veröffentlicht im Leipziger Amtsblatt Nr. 23 vom 23.12.2017
Marktsatzung, Anlage 3, Kriterien für Bewerber Leipziger Spezialmärkte (Ostermarkt, Weinfest, Leipziger Markttage, Leipziger Weihnachtsmarkt): "Bei der Gestaltung der Verkaufseinrichtungen und Werbeflächen sind die Leitlinien des Deutschen Werberates und dessen Wettbewerbsregeln zu berücksichtigen."
Sondernutzungssatzung
Am 17. Mai 2018 wurde im Stadtrat die Ergänzung der Sondernutzungssatzung (Vorlage - VI-A-05082-NF-02-VSP-01) beschlossen. Zu Protokoll gab der Oberbürgermeister, dass diese Neufassung noch 2018 beschlossen werden wird.
Die Neufassung enthält weitreichende Werberegeln:
"Im Zuge der nächsten Überarbeitung der Sondernutzungssatzung wird § 4 "Pflichten der Erlaubnisnehmer" um folgenden Absatz 5 ergänzt:
Der Erlaubnisnehmer hat dafür Sorge zu tragen, dass seine Sondernutzung in Form von Werbeanlagen
- weder Kindern noch Jugendlichen körperliche oder seelische Schäden zufügt
- keinen diskriminierenden Inhalt im Hinblick auf Herkunft, Abstammung, Religion, Geschlecht, Alter, Behinderung oder sexuelle Orientierung hat noch Personen auf ein sexuelles Objekt reduziert
- keinen Gewalt aufrufenden Inhalt hat und
- Unglück und Leid nicht instrumentalisiert."
Mittlerweile hat sich ein Bedarf zur Überarbeitung der gesamten Sondernutzungssatzung ergeben. Da dies eine Vielzahl zu beteiligende Ämter betrifft und deren Stellungnahmen einzuholen sind, ist hier ein deutlich größerer Zeitaufwand notwendig. Derzeit laufen die entsprechenden Ämterabstimmungen, die Neufassung wird dem Stadtrat im Laufe des Jahres 2019 zur Beschlussfassung vorgelegt. Eine konkretere Zeitangabe kann erst in Auswertung aller Stellungnahmen, die den Umfang des Änderungsbedarfs definieren, benannt werden.