Städtebauliche Erhaltungssatzungen
Städtebauliche Erhaltungssatzungen zur Bewahrung des baukulturellen Erbes der Stadt Leipzig – ein Gebot der Stunde
Die gründerzeitlich geprägten Viertel Leipzigs, die zu den größten zusammenhängenden Beständen in Deutschland gehören, zählen zu den beliebtesten Wohnlagen. Der prägende Einfluss dieser Architektur auf die städtebauliche Gestalt der Stadt ist außerordentlich. Sie ist wesentliches Element des Charakters unserer Stadt, macht diese attraktiv, lebenswert und ist Teil der Identität ihrer Bewohnerschaft. Seit Beginn der 1990er Jahre gibt es mit den sogenannten städtebauliche Erhaltungssatzungen Bestrebungen, diese baukulturelle Gestalt einzelner Stadtteile in ihrer städtebaulichen Ausprägung zu erhalten.
Pilotprojekt „Plagwitz/Lindenau- Nördlich Karl-Heine-Kanal“ rechtskräftig
Um die städtebauliche Eigenart der Erhaltungssatzungsgebiete in unserer Stadt klarer zu definieren und der Bewohnerschaft beziehungsweise dem Bauwilligen näher zu bringen, werden diese Satzungen überarbeitet und um beschreibende Darstellungen (Begründungen) ergänzt. Pilotprojekt hierzu ist die neue Erhaltungssatzung „Plagwitz/Lindenau- Nördlich Karl-Heine-Kanal“, die vom Stadtrat am 20.09.2023 beschlossen und mit Bekanntmachung am 30.09.2023 im Elektronischen Amtsblatt 18/2023 der Stadt Leipzig rechtskräftig geworden ist. Nachzulesen im Ratsinformationssystem der Stadt Leipzig (unter der Vorlagen Nummer VII-DS-08135).
Häufig gestellte Fragen
Das Ziel einer Sozialen Erhaltungssatzung besteht darin, die Wohnbevölkerung vor Verdrängungsprozessen zu schützen, die durch aufwendige Modernisierungen in Wohngebäuden verursacht werden (§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr.2 BauGB). Dies wird mittelbar durch die Genehmigungsbedürftigkeit von Vorhaben zur Gebäudesanierung gesteuert. Der Erhaltungswille bezieht sich also nicht primär auf die Gebäude, sondern auf die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung in den Gebäuden. Die städtebauliche Erhaltungssatzung bezweckt als Gegenstück hierzu den Erhalt der durch die Gebäude gebildeten städtebaulichen Eigenart um ihrer selbst willen.
Das Ziel der städtebaulichen Erhaltungssatzung ist die Erhaltung der städtebaulichen Eigenart des geschützten Gebietes (§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB), die sich unter anderem im Ortsbild und der Stadtgestalt des Quartiers ausdrückt. Ziel der Erhaltungssatzung kann auch sein, Freiflächen zu erhalten, die den Grundriss der Siedlungsstruktur mitbestimmen. Hierzu können zum Beispiel alte Dorfanger, historische Garten- oder Parkanlagen sowie unbebaute Blockinnenbereiche zählen, soweit diese als Teil der städtebaulichen Eigenart des Gebietes zu begreifen sind und städtebauliche Dimension besitzen.
Neben der Innenstadt stehen in Leipzig vor allem die gründerzeitlich geprägten Quartiere unter Schutz, das heißt die Stadtquartiere, die im Zuge der Industrialisierung ab circa 1860/70 entstanden wie zum Beispiel Plagwitz, die äußere Südvorstadt, das Wald- und Bachstraßenviertel, Reudnitz und Stötteritz. Aber auch alte Dorfkerne wie in Hohenheida oder Siedlungsformen der 1920/30er Jahre wie Marienbrunn genießen durch ihre ganz eigene städtebauliche Qualität den Schutz durch eine städtebauliche Erhaltungssatzung.
Betrachtet man zum Beispiel einen gründerzeitlich geprägten Straßenzug, so fällt auf, dass es klare Merkmalstypiken an den Gebäuden gibt. Die Gebäude sind stets straßenbegleitend direkt nebeneinander gebaut (in sogenannter Blockrandstruktur). Die Erdgeschosse sind in der Regel höher als die darüber liegenden Geschosse und meist durch ein Gesims, das Material (zum Beispiel Naturstein oder Klinker) oder die Farbgebung gestalterisch von diesen abgesetzt. Die Dächer sind mit ihrer Traufseite zur Straße hin orientiert und meist als Mansard- oder Satteldach mit Dachgauben ausgebildet. Die Fassaden zeigen horizontale Gesimse und hochrechteckig übereinander angeordnete Fenster mit meist stuckverzierten Rahmungen. All diese Struktur- und Gestaltungselemente geben den Straßenzügen ihre charakteristische und lebenswerte Erscheinung.
Wenn innerhalb eines geschützten Straßenzuges ein Gebäude zum Beispiel durch Dachgeschossausbau oder Balkonanbau in seiner äußeren Erscheinungsform verändert werden soll oder eine Baulücke mit einem andersartigen, modernen Gebäude bebaut werden soll, kann es dadurch zu einer optischen Diskrepanz zur gründerzeitlich geprägten Umgebung kommen. In der Vergangenheit traten diese Bauvorhaben in der Regel noch durch das Gegenüber einer scheinbar unerschöpflichen Mehrheit an (unveränderten) gründerzeitlichen Bauten in den Hintergrund. Nun führt das stetige Wachstum der Stadt und die verbundene gestiegene Bautätigkeit im gründerzeitlichen Blockrand jedoch zu immer deutlicher wahrnehmbaren Veränderungen dieser Quartiere. Das dadurch erreichte Maß an Überformung und auch die verstärkte Sanierung gründerzeitlicher Bausubstanz in Hinblick auf ihre energieeffiziente Ertüchtigung stellt die Stadt Leipzig vor die Herausforderung, sich stadtgestalterisch mit dem Erhalt dieses städtebaulichen Erbes stärker auseinanderzusetzen.
Rückbau, Änderungen oder Nutzungsänderungen von Bestandsgebäuden und die Errichtung von Neubauten unterliegen hier einer Einzelprüfung in einem Genehmigungsverfahren nach den Zielen der Erhaltungssatzung in Hinblick auf die Frage, ob das beantragte Vorhaben dem Erhalt des Stadtteils in seiner optischen Ausprägung beeinträchtigt. Auf diesem Weg kann die Gemeinde vorgesehene bauliche Veränderungen mit der städtebaulich erhaltenswerten Eigenart eines Gebietes harmonisieren.
Diese Prüfung erfolgt im Baugenehmigungsverfahren parallel zur planungsrechtlichen Beurteilung (gemäß §§ 29 ff. Baugesetzbuch) im Stadtplanungsamt. Bei verfahrensfreien Bauvorhaben wie zum Beispiel Fassadensanierungen ist ein isolierter Antrag auf Genehmigung nach Erhaltungssatzung zu stellen. Wird im Rahmen des Prüfverfahrens eine Beeinträchtigung der Ziele der Erhaltungssatzung festgestellt, wird dies in einer gemeinsamen Beratung mit dem Bauwilligen besprochen. Hier gilt es, für den Bauherrn, für das erhaltenswerte Viertel und die Stadtgesellschaft die bestmögliche Lösung zu finden.
Bei baugenehmigungsbedürftigen Vorhaben muss in Leipzig kein gesonderter Antrag gestellt werden, die Prüfung erfolgt automatisch parallel zur planungsrechtlichen Beurteilung im Stadtplanungsamt. Bei bauordnungsrechtlich verfahrensfreien Vorhaben ist der isolierte Antrag auf satzungsrechtliche Genehmigung beim Amt für Bauordnung und Denkmalpflege zu stellen.
Die Bauberatung des Amtes für Bauordnung und Denkmalpflege gibt hier Auskunft zu den Antragserfordernissen.
Beispielbilder zu Gebäuden in Gebieten einer Städtebaulichen Erhaltungssatzung
Städtebauliche Erhaltungssatzung, Gutsmuthstraße © Stadt Leipzig Bilder vergrößert anzeigenStädtebauliche Erhaltungssatzung, Erich-Zeigner-Allee © Stadt Leipzig Bilder vergrößert anzeigenStädtebauliche Erhaltungssatzung, Erich-Zeigner-Allee © Stadt Leipzig Bilder vergrößert anzeigenStädtebauliche Erhaltungssatzung, Henriettenstraße © Stadt Leipzig Bilder vergrößert anzeigenStädtebauliche Erhaltungssatzung, Karl-Heine-Straße © Stadt Leipzig Bilder vergrößert anzeigenStädtebauliche Erhaltungssatzung, GutsMuthsstraße © Stadt Leipzig Bilder vergrößert anzeigenStädtebauliche Erhaltungssatzung, Henriettenstraße © Stadt Leipzig Bilder vergrößert anzeigenStädtebauliche Erhaltungssatzung, Karl-Heine-Straße © Stadt Leipzig Bilder vergrößert anzeigenStädtebauliche Erhaltungssatzung, Lützner Straße © Stadt Leipzig Bilder vergrößert anzeigenStädtebauliche Erhaltungssatzung, Schmiedestraße © Stadt Leipzig Bilder vergrößert anzeigenStädtebauliche Erhaltungssatzung, Schmiedstraße © Stadt Leipzig Bilder vergrößert anzeigen