Die Amtskette des Oberbürgermeisters
Amtsketten der Bürgermeister sind von jeher Insignien der Würde, der Macht und auch Ausdruck des Wohlstandes der Kommune. Leipzig war an der Schwelle zum 20. Jahrhundert in der ersten Reihe deutscher Großstädte angekommen und das Bildungsbürgertum wollte die Strahlkraft Leipzigs repräsentativ sichtbar machen.
Nach mehreren Überlegungen und Debatten im Leipziger Stadtrat über die Kosten, die Echtheit der Materialien und die Notwendigkeit einer solchen Kette wurde Stadtbaurat Wilhelm Scharenberg beauftragt „weiteres vorzubereiten“.
Er legte 1904 den Abgeordneten einen Entwurf von Leipzigs Juwelier Heinrich Schneider vor. Dieser wurde verworfen, weil er zu teuer war.
Schließlich stiftete 1909 der Geheime Kommerzienrat Gustav Philipp dem damaligen Oberbürgermeister Rudolf Dittrich das noch heute vorhandene filigrane Prachtstück, welches vom Darmstädter Goldschmied Ernst Riegel angefertigt wurde. Riegel (1871 - 1939) war von 1906 bis 1912 Mitglied der Darmstädter Künstlerkolonie, einem führenden Zentrum für Kunsthandwerk des Jugendstils.
Am 17. Juni 1910 genehmigte Seine Majestät Friedrich August III. auf Anfrage „allergnädigst“, dass der Oberbürgermeister die Kette tragen darf, sowie die Anbringung des sächsischen Wappens und auch der Krone an der Kette selbst.
Die Amtskette wiegt etwa 2.500 Gramm und soll rund 15.000 Mark gekostet haben. Sie besteht aus 18-karätigem Gold und Feingold, Emaille und Malachiten.
Gestaltung
Grundgedanke für die Gestaltung der Kette war die künstlerische Umsetzung einer turmbewehrten, schützenden Stadtmauer. Zwölf Kettenglieder, dreireihiges Mauerwerk darstellend, verbinden die zwölf breiten Glieder, von denen vier die Symbole von Kunst, Handel, Industrie und Wissenschaft zeigen. Die anderen sieben Glieder zeigen eine stilisierte Linde als den prägenden Baum in Leipzigs Alleenlandschaft.
Am Mittelschild mit dem sächsischen Wappen hängt ein großes Medaillon mit dem Leipziger Stadtwappen und 42 Malachiten.
Nutzung
Die Amtskette wurde zunächst bis zum ersten Weltkrieg benutzt und entging 1917 der Goldsammlung der Reichsbank, da sie auf einer Ausstellung des Deutschen Werkbundes in Basel ausgestellt war. 1938 wurde sie dem Stadtgeschichtlichen Museum übergeben. Erst kurz vor 1989 wurde die Amtskette von 1910 wieder genutzt.
Heute trägt der Oberbürgermeister die Amtskette nur bei ganz besonderen Anlässen. Diese sind protokollarisch geregelt und betreffen zum Beispiel den Empfang von Staatsgästen, die Verleihung der Ehrenbürgerwürde, die Immatrikulation von Studenten oder bei der Vereidigung eines neuen Oberbürgermeisters. Wenn sie nicht vom Oberbürgermeister getragen wird, ist sie in der ständigen Ausstellung im Stadtgeschichtlichen Museum im Alten Rathaus zu sehen.
Quelle: Ausstellungskatalog des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig, Doris Mundus