von Wiedebach, Apollonia (geborene Alnpeck) - Leipziger Frauenporträts
Apollonia von Wiedebach, 1514, Ölporträt von Lucas Cranach d.Ä. © Museum der bildenden Künste Leipzig Bilder vergrößert anzeigen
Rubrik
- Stiftungswesen
- Wirtschaft
- Religion
geboren/ gestorben
1470 (Freiberg) - 21. Januar 1526 (Leipzig)
Zitat
"Dem Jungfrauenkloster vor dem Petersthor, solange dieselben ihr geistlich Wesen behalten, 30 fl. [Gulden]"
(Aus ihrem Testament, 22. Juni 1525)
Kurzporträt
Apollonia von Wiedebach war eine bedeutende Leipziger Stifterin im 16. Jahrhundert. Mit den Bestimmungen aus ihrem Testament von 1525 bekannte sie sich weit vor Einführung der Reformation in Sachsen (1539) zur Lehre Martin Luthers. Von November 1490 bis Ostern 1491 war sie die verantwortliche oberste Finanzverwalterin des Herzogtums Sachsen.
Herkunftsfamilie
- Vater: Stefan Alnpeck (1420-1489), Kaufmann, Ratsherr, Bürgermeister
- Mutter: Magdalene Monhaupt (1430-1478)
- Geschwister:
- Georg (1462-1523)
- Hans (1458-1519)
- Stephan (1456-1521)
- Dorothea (-)
Biografie
Apollonia war eine Tochter des Freiberger Bürgermeisters Stefan Alnpeck, der ursprünglich aus Regensburg stammte und durch den Silberbergbau zu Reichtum gekommen war, und der Magdalena Monhaupt aus Freiberg. Die Alnpecks gehörten zu den einflussreichen Familien in Sachsen.
Nach den Silberfunden im Erzgebirge unterhielten viele Leipziger Kaufleute wirtschaftliche und finanzielle Verbindungen dorthin, darunter auch Jakob von Blasbalg (1438-1490). Ihm gehörten das Eckhaus Markt/ Salzgäßchen, ein weiteres Haus am Neumarkt (bis 1478) sowie das Gut Lößnig (ab 1487 Leibgedinge seiner zweiten Frau Apollonia). 1481 wurde er mit 14.000 Gulden als zweitreichster Leipziger Bürger geschätzt. Zwischen 1473 und 1484 war er Leipziger Ratsherr, 1484 bis 1490 Kurfürstlich-sächsischer Rentmeister. Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete er um 1484 Apollonia Alnpeck. Beide hatten drei gemeinsame Söhne. Um 1487 übertrug Herzog Albrecht von Sachsen die Finanzgeschäfte des Herzogtums an Jakob Blasbalg, der sehr gute Kenntnisse in der Buchführung sowie langjährige Erfahrungen im Bergbau- und Wechselgeschäft hatte und hohes Ansehen in der Bürgerschaft genoss. Blasbalg blieb bis zu seinem Tod 1490 oberster Finanzverwalter. Danach übernahm diese Verantwortung vom 2. Mai bis zum 21. November 1490 der Schneebergische Zehntschreiber Caspar von Sals, der ab 1484 mit Blasbalg zusammen gearbeitet hatte. Warum es so schnell zur Niederlegung des Amtes kam, ist nicht geklärt. Jedenfalls betraute der Herzog nun Blasbergs Witwe Apollonia mit der Führung seiner Finanzverwaltung. Damit war sie die erste Frau im ernestinischen Sachsen, die eine solche Funktion ausüben durfte.
Jakob Blasbalg hatte zwar eine praktische übersichtliche Buchführung für die herzogliche Zentralkasse hinterlassen, die von Apollonia fortgeführt werden konnte. Es wird auch vermutet, dass Apollonia durch Schreiber und durch ihren Stiefsohn Hans aus Blasbergs erster Ehe unterstützt wurde. Aber sie muss in der Lage gewesen sein, die ihr vorgelegten Abrechnungen zu kontrollieren und neue Anweisungen zu geben. Sie allein war in diesem halben Jahr namentlich verantwortlich und mit ihrem Besitz haftbar, bis Ostern 1491 der herzogliche Amtmann Georg von Wiedebach die Geschäfte übernahm und für Jahrzehnte zum Chef der Zentralfinanzbehörde des Herzogtums Sachsen wurde. Im selben Jahr verheiratete sich Apollonia verwitwet Blasbalg in zweiter Ehe mit von Wiedebach, einem der vermögendsten Männer Sachsens. Von 1501 bis 1515 stellte dieser dem Landesherrn über 37.000 Gulden als Kredit zur Verfügung. 1517 ließ das Ehepaar Wiedebach in der Thomaskirche eine Kapelle bauen, in der ihre Bildnisse an der Wand angebracht waren. Hier wurde Georg von Wiedebach 1524 bestattet. In Absprache mit Frau Apollonia war von ihm verfügt worden, dass nach seinem Tod die Hälfte des Vermögens an seine Verwandten fallen soll.
Die Witwe Apollonia von Wiedebach, deren drei Söhne aus erster Ehe Jakob, Wolfgang und Balthasar Blasbalg vor ihr gestorben waren und deren zweite Ehe kinderlos geblieben war, bestimmte in ihrem Testament vom 22. Juni 1525 das gesamte ihr verbliebene Vermögen von über 17.000 Gulden für Stiftungen. Neben den für diese Zeit üblichen Zuwendungen für die Hospitäler Sankt Johannis und Sankt Georg, für die Thomasschüler und die Klöster, für Straßen- und Wegebau, für Anniversarien (Gedenken an das Ehepaar Wiedebach an bestimmten Tagen im Gottesdienst) sowie für Arme im Allgemeinen und arme Jungfrauen im Besonderen stiftete sie 100 Gulden jährlich "für einen redlichen Prediger, der aufs wenigste Magister sei, zu Sankt Thomas in die Pfarrkirche oder, ob es allda nicht sein kann, zu Sankt Niclas" (nach G. Wustmann). Diesen Prediger sollte der Rat der Stadt einsetzen, den sie dafür mit jährlich 20 Gulden im Testament bedachte. Die Bestimmung war ungewöhnlich, weil sie in die Rechte des Thomasklosters eingriff und dem Rat der Stadt Macht in religiösen Fragen einräumte. Weitblickend war auch Apollonias Festlegung, dass die mit Zinsen bedachten Leipziger Klöster nur, "allso lange sie ein geistlich christlich Leben und Reformation halten", das Geld erhalten sollten. Die Witwe Wiedebach stand mit solchen Bestrebungen nicht allein. Zu den Beratern beim Abfassen ihres Testaments gehörte Heinrich Scherl, Leipziger Ratsherr und einer der reichsten Bürger der Stadt, der ebenfalls Anhänger des reformatorischen Glaubens war. Schon im Vorjahr, 1524, hatten mehr als 100 Bürger aus unterschiedlichen sozialen Schichten den Rat um einen reformatorischen Prediger in Sankt Thomas oder Sankt Nikolai gebeten, den sie selbst bezahlen wollten. Herzog Georg, ein entschiedener Gegner der Lehre Martin Luthers, hatte dies abgelehnt. Einer der Wortführer der reformatorischen Bewegung, die auch gesellschaftliche Veränderungen forderte, wurde am 23. Juni 1525 auf dem Leipziger Marktplatz hingerichtet.
Sofort nach dem Tod Frau von Wiedebachs am 21. Januar 1526 beschwerte sich der Propst des Thomasklosters beim Landesherrn über die brisante Verfügung in deren Testament. Herzog Georg von Sachsen entschied, dass der Propst des Klosters den Prediger prüfen solle, bevor der Rat ihn einsetzen dürfe. Die Bestimmung über die Einsetzung eines reformatorischen Predigers aus dem Testament der Apollonia von Wiedebach beschäftigte den Rat der Stadt noch über Jahre. Erst nach dem Tod Herzog Georgs 1539 führte sein Nachfolger Heinrich der Fromme die Reformation in Sachsen ein.
Erinnerung/ Gedenken/ Würdigung in Leipzig
- Epitaph in der Thomaskirche
- Porträtgemälde der Apollonia von Wiedebach von Lucas Cranach der Ältere, 1514, im Museum der bildenden Künste Leipzig, Katharinenstraße 10, 04109 Leipzig
- Wiedebachplatz (04277 Leipzig)
- Wiedebachstraße (seit 1895, 04277 Leipzig)
- Apollonia-von-Wiedebach-Schule (Mittelschule; seit 2007, 04277 Leipzig)
Zum Weiterlesen/ Literatur/ Quellen
- Gustav Wustmann, Die Widebachsche Stiftung, in: Geschichte der Stadt Leipzig, Leipzig 1905.
- Heinrich Geffcken und Chaim Tykocinski, Stiftungsbuch der Stadt Leipzig, Leipzig 1905.
- Alexander Puff, Die Finanzen Albrechts des Beherzten, Leipzig 1911.
- Neues Leipzigisches Geschicht-Buch, Leipzig 1990.
Autorin: Gerlinde Kämmerer, 2013