27. Januar: Internationaler Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus
Seit 1996 ist der 27. Januar gesetzlich festgelegter bundesweiter Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Zugleich ist der Tag seit 2005 internationaler Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust.
Das Datum bezieht sich auf den 27. Januar 1945, den Tag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz durch die Rote Armee.
Die Stadt Leipzig erinnert anlässlich dieses Tages mit Gedenkveranstaltungen an die Opfer des Nationalsozialismus. Das Gedenken findet jährlich am Mahnmal in Abtnaundorf, am Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma am Schwanenteich sowie im Neuen Rathaus statt.
Gedenktag 2024
Im Jahr 2024 jährt sich die Befreiung des KZ Auschwitz zum 79. Mal. Anlässlich des Internationalen Tages des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus findet die zentrale Gedenkveranstaltung der Stadt Leipzig am 27. Januar 2024, um 15:00 Uhr, am Denkmal für die Opfer des "Massakers von Abtnaundorf" statt. Umrahmt wird der Gedenktag von zwei Ausstellungseröffnungen.
Programm
Eröffnung der Ausstellung "Gegen das Vergessen", 14:00 Uhr
Um 14:00 Uhr wird die Ausstellung „Gegen das Vergessen” am Querbahnsteig (Ostseite) des Leipziger Hauptbahnhofs eröffnet. Der Künstler Luigi Toscano porträtierte für die Ausstellung Opfer der NS-Diktatur aus aller Welt. Im Mittelpunkt der Ausstellung und der Arbeit des Künstlers stehen die Überlebenden. Er gibt der Erinnerungskultur ein Gesicht. Angetrieben ist der Künstler von den Fragen: „Wie konnten Menschen anderen Menschen so viel Leid zufügen? Warum hat niemand etwas dagegen getan? Wie können wir verhindern, dass so etwas wieder geschieht?
Zentrale Gedenkveranstaltung, 15:00 Uhr
Im Anschluss findet die zentrale Gedenkveranstaltung der Stadt Leipzig um 15:00 Uhr, an der Gedenkstätte Abtnaundorf (Theklaer Straße, Höhe Heiterblickstraße) statt. Für die Fahrt nach Abtnaundorf stellt die Stadt kostenfrei Busse bereit. Diese fahren um 14:35 Uhr in der Goethestraße am Busparkplatz ab.
Am Denkmal für die Opfer des "Massakers von Abtnaundorf" (Theklaer Straße/Höhe Heiterblickstraße) wird Oberbürgermeister Burkhard Jung die Gedenkrede halten. Außerdem kommt Susanne Siegert, Social Media Expertin für Erinnerungskultur zu Wort.
Anschließend werden Kränze und Blumen niedergelegt und eine Schweigeminute gehalten. Für die musikalische Umrahmung sorgt der Kinder- und Jugendchor der Oper Leipzig.
Eröffnung der Ausstellung "Deine Anne", 16:30 Uhr
Im Anschluss an die Gedenkveranstaltung in Abtnaundorf wird um 16:30 Uhr in der Unteren Wandelhalle des Neuen Rathauses die Ausstellung „Deine Anne. Ein Mädchen schreibt Geschichte“ eröffnet. Die Ausstellung des Anne Frank Zentrums ist ein Gemeinschaftsprojekt des Kultur- und Begegnungszentrums Ariowitsch-Haus e.V., des Landeamtes für Schule und Bildung, des diesjährigen Gastlandes der Leipziger Buchmesse, Niederlande und Flandern und der Stadt Leipzig.
Nach einem Grußwort von Oberbürgermeister Burkhard Jung, folgen die Reden des sächsischen Staatsministers für Kultus, Christian Piwarz sowie der stellvertretenden Botschafterin der Niederländischen Botschaft in Deutschland, Mira Goldberg.
Roman Guski vom Anne Frank Zentrum wird gemeinsam mit Jugendlichen in die Ausstellung einführen.
Die Ausstellung porträtiert das Leben der Anne Frank. Das Tagebuch des jüdischen Mädchens Anne Frank (1929-1945) ist Symbol für den Völkermord an den Juden durch die Nationalsozialisten und intimes Dokument der Lebens- und Gedankenwelt einer jungen Schriftstellerin. In der Ausstellung erzählen große Bildwände von ihrem Leben und ihrer Zeit: von den ersten Jahren in Frankfurt am Main und der Flucht vor den Nationalsozialisten.
Gleichsam wendet sich die Ausstellung an den Besucher mit Fragen zu Identität, Gruppenzugehörigkeit und Diskriminierung: Wer bin ich? Wer sind wir? Wen schließe ich aus?
Die Ausstellung kann bis zum 15. März 2024 während der Öffnungszeiten des Neuen Rathauses (Montag-Donnerstag 7-18 Uhr, Freitag 7-16 Uhr) kostenfrei besichtigt werden.
Dem Anspruch der Ausstellung entsprechend, insbesondere Jugendlichen und jungen Erwachsenen ein tieferes Verständnis vom Holocaust zu vermitteln, werden Workshops für Schüler ab Klassenstufe 8 angeboten.
Für die Workshops bittet die Stadt Leipzig um vorherige Anmeldung und Buchung über das jüdische Kultur- und Begegnungszentrum Ariowitsch-Haus e.V.
Buchung via Mail: bildung@ariowitschhaus.de
Impressionen vom 27. Januar 2024, Fotograf: Stephan Dietze
Hintergrund: Das Mahnmal in Abtnaundorf
In direkter Nähe zum Denkmal in Abtnaundorf befand sich von 1943 bis 1945 das auf drei Standorte verteilte Konzentrationslager "Leipzig-Thekla", eines von sechs Außenlagern des KZ Buchenwald in Leipzig. Dort mussten mehrere Tausend KZ-Häftlinge Zwangsarbeit für die "Erla-Werke", einen der wichtigsten Produzenten von Jagdflugzeugen im Deutschen Reich, leisten.
Als im April 1945 die Konzentrationslager geräumt und die Häftlinge auf sogenannte "Todesmärsche" getrieben wurden, blieben im KZ Leipzig-Thekla etwa 300 völlig entkräftete Gefangene zurück. Am 18. April, wenige Stunden vor dem Eintreffen der US-Armee, wurden sie von SS-Männern sowie Angehörigen von Gestapo, "Volkssturm" und "Werkschutz" in eine Baracke des Lagers gesperrt. Diese wurde mit Benzin übergossen und in Brand gesetzt. Wie viele Häftlinge bei diesem "Massaker von Abtnaundorf" starben, konnte bis heute nicht abschließend geklärt werden. 67 Menschen haben überlebt, 84 Opfer wurden wenige Tage später auf dem Leipziger Südfriedhof beigesetzt. Die meisten Opfer gelten bis heute als vermisst.
Im September 1958 wurde an der Theklaer Straße in unmittelbarer Nähe des ehemaligen Lagergeländes ein Obelisk eingeweiht, der an das Massaker erinnert. Er wurde von dem Bad Lausicker Bildhauer Gustav Tschech-Löffler gestaltet. Seitdem fanden an der für zeitgenössische Gedenkstätten in der DDR typischen Denkmalsanlage regelmäßig Gedenkveranstaltungen in Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus statt.
Fast 60 Jahre später begann die landschaftsarchitektonische Umgestaltung und inhaltliche Aufwertung des Mahnmals. Die Stadt Leipzig griff dafür eine zivilgesellschaftliche Initiative auf und setzte die Modernisierung in enger Abstimmung mit dieser um.
Im Januar 2017 wurden Informationstafeln präsentiert, die erstmals am Denkmal selbst die Geschichte des Ortes in mehreren Sprachen erläutern. Am 27. Januar 2018 weihte Oberbürgermeister Burkhard Jung anlässlich des Internationalen Tages des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus vor dem Obelisken die neue Installation des Leipziger Künstlers Harald Alff ein. In 208 Stelen aus Corten-Stahl sind die Namen aller bekannten Opfer des KZ "Leipzig-Thekla" sowie des "Massakers von Abtnaundorf" eingestanzt. Mit dieser einzigartigen künstlerischen Gestaltung, die sich Besucherinnen und Besuchern bewusst "in den Weg stellt", werden die Opfer individualisiert und bei den Gedenkveranstaltungen symbolisch in die Mitte der Lebenden geholt.
Gedenken an die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma
Auf Grundlage eines Stadtratsbeschlusses wurde im März 2003 am Schwanenteich das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma eingeweiht. Es besteht aus der Bronzeplastik "Geschlagener" des Künstlers Wieland Förster mit erklärenden Inschriften.
Das Denkmal erinnert an die mindestens 280 während des Nationalsozialismus aus Leipzig verschleppten und größtenteils ermordeten Sinti und Roma sowie an diejenigen, die in Leipzig Zwangsarbeit leisten mussten.
Die Stadt Leipzig gedenkt jährlich anlässlich des 27. Januar der Sinti und Roma, die dem nationalsozialistischen Völkermord zum Opfer gefallen sind.
Gedenken an die im Nationalsozialismus ermordeten Leipziger Stadtverordneten
Neben der Veranstaltung in Abtnaundorf erinnert die Stadt Leipzig jedes Jahr am 27. Januar an der Gedenktafel in der Oberen Wandelhalle des Neuen Rathauses an die während der Zeit des Nationalsozialismus ermordeten Stadtverordneten.
Dies waren Kurt Günther, Arthur Hoffmann, Michael Kazmierczak, Julius Krause, Hermann Liebmann, Arthur Nagel, Oskar Plenge, Richard Teichgräber und William Zipperer.
Wechselnde Schwerpunkte: Wanderausstellungen im Neuen Rathaus
Regelmäßig werden anlässlich des Gedenktages am 27. Januar Ausstellungen mit Bezug zum Gedenktag gezeigt. Neben historischen Aspekten wie dem nationalsozialistischen Krankenmord ("Euthanasie"), der Verfolgung Homosexueller oder NS-Zwangsarbeit stehen zunehmend auch aktuelle Themen wie neonazistische Gewalt oder globale Fluchterfahrungen im Fokus.