Schönkopf, Anna Katharina (Käthchen) - Leipziger Frauenporträts
- © rechtefrei, Quelle: Julius Vogel: Käthchen Schönkopf. Leipzig 1920 Bilder vergrößert anzeigen
Rubrik
- Literatur
geboren/ gestorben
22. August 1746 (Leipzig) - 21. Mai 1810 (Leipzig)
Zitat
"Ich kann leben ohne sie zu sehen, nie, ohne sie zu lieben. Allen Verdruß den wir zusammen haben mache ich. Sie ist ein Engel, und ich bin ein Narr."
(Goethe an Behrisch im März 1768)
Kurzporträt
Käthchen Schönkopf ist als Jugendliebe Goethes berühmt geworden. Sie inspirierte ihn zu seiner Gedichtsammlung "Annette" (1767), dem Schäferspiel "Die Laune des Verliebten" (1768) und dem Lustspiel "Die Mitschuldigen" (1768/69).
Herkunftsfamilie
- Vater: Gottlob Christian Schönkopf, 02.04.1716 (Leipzig) - 26.04.1791 (Leipzig)
- Mutter Katharina Sibylla Hauck, 06.03.1714 (Frankfurt) - 1790, verheiratet am 02.12.1739
- Geschwister: Christian Gottlob (1740-?), Adam Peter (09.02.1756-1793)
Biografie
Käthchen Schönkopf ist als Studentenliebe Johann Wolfgang Goethes in die Literaturgeschichte eingegangen. Goethe kam Ostern 1766 mit seinem späteren Schwager Schlosser in das Haus ihres Vaters Gottlob Christian Schönkopf, der am Brühl einen Weinhandel und mit seiner aus Frankfurt am Main stammenden Frau einen Mittags- und Abendbrottisch unterhielt. Goethe fühlte sich rasch heimisch und fasste eine starke Zuneigung zu der drei Jahre älteren Tochter Anna Katharina. "Ich liebe ein Mädchen, ohne Stand und ohne Vermögen, und jezo fühle ich zum allererstenmale das Glück, das eine wahre Liebe macht", schrieb er an den Freund Max Moors in Frankfurt am Main. Goethes Mitstudent Johann Adam Horn schilderte Käthchen: "Denke dir ein Frauenzimmer: wohlgewachsen, obgleich nicht sehr groß, ein rundes freundliches, obgleich nicht außerordentlich schönes Gesicht, eine offne sanfte einnehmende Miene, viele Freimüthigkeit ohne Coquetterie, einen sehr artigen Verstand, ohne die größte Erziehung gehabt zu haben." Goethe versuchte, das aufgeweckte Mädchen zu bilden, schenkte ihr Bücher und berichtete seiner Schwester Cornelia, dass sie schon ganz "artige Briefe" zu schreiben gelernt habe. "Aber mit der Orthographie wills nicht fort. Überhaupt muß man die beym sächsischen Frauenzimmer nicht suchen." Er fertigte auch ein Exlibris für sie an.
Vater Schönkopf betrieb in seinem Haus ein kleines Liebhabertheater. Goethe spielte mit Käthchen das beliebte Lustspiel "Herzog Michel" von Johann Christian Krüger. Obwohl Goethe Käthchen mit Liebesschwüren überhäufte und ihr Verse widmete, erwiderte sie seine Neigung wohl nicht in gleichem Maße. Seine Eifersucht schreckte sie sogar ab. Es kam zu schrecklichen Szenen, obwohl er, aufgrund des Standesunterschiedes, nie beabsichtigte, sie zu heiraten. Nach Streitereien mit ihr suchte er oft platonischen Trost bei Friederike Oeser. Die rokokohaften Verse Goethes, die in der Leipziger Zeit entstanden, sammelte sein Freund Wolfgang Behrisch und schrieb 19 davon mit seiner kalligraphischen Handschrift ab. Als das Buch "Annette" (1767) sind diese zusammen mit dem Schäferspiel "Die Laune des Verliebten" (1767) Zeugnisse von Goethes damaligen, oft schmerzlichen Empfindungen. Im "Schäferspiel" stellte er biografische Bezüge zu sich selbst, Käthchen, seinem Freund Horn und Constanze Breitkopf dar. Forschungen zufolge liegen die Wurzeln von Goethes Sprache der Leidenschaft, die er damals in Briefen kultivierte und die im "Werther" später ganz Europa begeistern sollte, bereits in seiner Leipziger Zeit.
Nach zweieinhalb Jahren kam es zur Trennung von Goethe und Käthchen.
"Wir haben mit der Liebe angefangen, und hören mit der Freundschaft auf. Doch nicht ich. Ich liebe sie noch so sehr, Gott so sehr." (Goethe an Behrisch am 26.04.1768). Goethe selbst hatte sie ungewollt mit ihrem zukünftigen Ehemann bekannt gemacht, mit Christian Karl Kanne (1744-1806). Dieser war etwas älter als er, von Haus aus wohlhabend und hatte bereits ein Jurastudium beendet.
Als Käthchen Goethe endgültig abwies, geriet er in eine schwere psychische und gesundheitliche Krise, so dass er sein Studium abbrach und so bald als möglich nach Frankfurt abreiste. Zurück in Frankfurt vermisste der kranke Goethe Käthchens Lebhaftigkeit, Munterkeit und ihren Witz. Dass er von seiner enttäuschten Liebe noch nicht geheilt war, beweisen die Zeilen
"Gute Nacht. An Annetten, da sie heuratete" (1769).
"Wenn man zwanzig Freier zählet /
Keinen liebt, und alle quälet /
Alle liebt und keinen wählet; /
Das ist eine stolze Lust
Für so eines Mädgens Brust. ..."
Goethe beschloss, sich literarisch zu rächen, indem er das Lustspiel "Die Mitschuldigen" (1768/69) schrieb, das die Torheit einer Wirtstochter, die den falschen Mann geheiratet hat und sich wieder einem früheren Freund zuwendet, thematisiert. Erst 1776, nach der Fertigstellung seines "Werther"-Romans, sah Goethe sein "erstes Mädgen" wieder. "Alles ist wies war, nur ich bin anders", schrieb er an Charlotte von Stein am 25.03.1776 nach der Begegnung.
Das umschwärmte Käthchen hatte Kanne erst am 7. Mai 1770 geheiratet; ihr tüchtiger Ehemann brachte es bis zum Vizebürgermeister Leipzigs. Käthchen führte nach der Heirat das Leben einer hoch angesehenen Bürgersfrau. Ihre frühere Bekanntschaft mit dem berühmten Goethe trug später zu ihrem Renommee noch bei. Nach einem Aufenthalt in Wurzen wohnte sie ab 1779 wieder in Leipzig. Ihre Tochter Anna Christiane Sophie heiratete den Juristen Johann Conrad Sickel, den Präsidenten des Leipziger Appellationsgerichtes.
Anna Katharina (Käthchen) Schönkopf, verehelichte Kanne starb 1810 in Leipzig. Ein Nachfahre pflanzte auf ihr Grab auf dem (Alten) Johannisfriedhof zur Erinnerung an ihre Freundschaft mit Goethe einen Gingko biloba-Baum. Leider ist er nicht mehr erhalten.
Adressen in Leipzig
- 1746-1773: Brühl 326/19 (Schönkopfs Haus), heute: Höfe am Brühl
- ab 1773: Wurzen
- ab 1779: Katharinenstraße, in Martens Haus (Nummer 17)
- ab 1783: Burgstraße, Winklerisches Haus (Nummer 19)
- ab 1788: Brühl, in Kannes Haus (326/19)
Erinnerung/ Gedenken/ Würdigung in Leipzig
- Grabmal auf dem Alten Johannisfriedhof
- Adolf Böttger: Goethe's Jugendliebe. Gedicht. Leipzig 1862
- Porträtrelief am Sockel des Goethedenkmals am Naschmarkt von Carl Seffner
- Um 1900 Erinnerungsstätte im Café Geßwein, Brühl 21 neben Schönkopfs Haus (nicht erhalten)
- 1909 zum 500. Universitätsjubiläum: Goethe mit Käthchen als lebendes Bild im Festumzug
Zum Weiterlesen/ Literatur/ Quellen
- Otto Jahn: Goethes Briefe an Leipziger Freunde. Leipzig 1849
- Kevin G. Kennedy: Der junge Goethe in der Tradition des Petrarkismus. New York et al. 1995.
- Heinrich Pallmann: Johann Adam Horn. Goethes Jugendfreund. Leipzig 1908.
- Stefan Voerkel: Sie ist ein Engel, ich bin ein Narr. In: Leipziger Blätter. 1996, Heft 29, Seite 22-25.
- Julius Vogel: Käthchen Schönkopf. Eine Frauengestalt aus Goethes Jugendzeit. Leipzig 1920.
- Manfred Zittel: Erste Lieb' und Freundschaft. Halle 2007.
- Kochbuch von Käthchen Schönkopf, Proben daraus veröffentlicht in: Illustrirte Zeitung, Band 114, Nummer 2956. vom 22.2.1900.
- Käthchen Schönkopf, Wäschebuch, handschriftlich, vorhanden in UB Leipzig, Rep VI 25 za [Z 185], 1899 von Anna Rietschel, der Urenkelin, der Stadtbibliothek Leipzig geschenkt.
- Das Buch "Annette", Goethe- und Schiller-Archiv, Weimar (Stiftung Klassik), aus dem Nachlass von Louise von Göchhausen.
Autorin: Sabine Knopf, 2019