Wach, Lili, geb. Fanny Henriette Elisabeth Mendelssohn Bartholdy (genannt Lili) - Leipziger Frauenporträts
Elisabeth "Lili", verheiratet Wach. Aufnahme von Ernst Hoenisch. O.J. © Staatsbibliothek zu BerlinBilder vergrößert anzeigen
Rubrik
- Musik
- Soziales
geboren/ gestorben
19. September 1845 (Leipzig) - 15. Oktober 1910 (Ried bei Wilderswil im Kanton Bern/ Schweiz)
Zitat
"Lili Wach ist das einzige völlig normale und genügsame Exemplar der bedauernswerten Spezies 'Kinder berühmter Persönlichkeiten', das ich jemals getroffen habe."
(Ethel Smyth, Impressions that remained", London 1919)
Kurzporträt
Lili Wach, jüngste Tochter von Felix und Cécile Mendelssohn Bartholdy, unterstützte die kulturellen Aktivitäten ihres Ehemannes, des Juristen und Musikförderers Professor Doktor Adolf Wach, und widmete sich der Sicherung und wissenschaftlichen Auswertung des Nachlasses ihres Vaters.
Herkunftsfamilie
- Mutter: Cécile Charlotte Sophie Mendelssohn Bartholdy, geborene Jeanrenaud (10.10.1817 Lyon - 25.09.1853 Frankfurt am Main)
- Vater: Felix Mendelssohn Bartholdy (03.02.1809 Hamburg - 04. 11.1847 Leipzig)
- Geschwister:
- Carl Wolfgang Paul Mendelssohn Bartholdy (07.02.1838 - 23.02.1897)
- Marie Helene Pauline Bennecke, geborene Mendelssohn Bartholdy (02.10.1839 - 28.10.1897)
- Paul Felix Mendelssohn Bartholdy (18.01.1841 - 17.02.1880)
- Felix August Eduard Mendelssohn Bartholdy (01.05.1843 -16.02.1851)
Biografie
Lili Wach, geborene Fanny Henriette Elisabeth Mendelssohn Bartholdy (genannt Lili), war die jüngste Tochter von Cécile, geborene Jeanrenaud und des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy, geboren am 19.09.1845 in Leipzig. Drei Tage nach dem Tod des Vaters übernahm ihr Onkel Paul Mendelssohn Bartholdy am 07.11.1847 die Vormundschaft über sie und ihre Geschwister. Der Berliner Bankier hatte zuvor seiner Schwägerin versichert: "Dein Wunsch, die Töchter bei Deiner Mutter erziehen zu lassen, falls Du von dieser Welt abberufen werden solltest, (...) erleidet keine Beeinträchtigung."
1850 übersiedelten Cécile und ihre Kinder nach Berlin. Dort starb am 16.02.1851 Lilis Bruder Felix. Die zu dieser Zeit bereits von Krankheit gezeichnete Mutter Cécile verstarb am 25.09.1853 im Haus ihrer Mutter in Frankfurt am Main. Ihrem Wunsch entsprechend wurde Lili gemeinsam mit ihrer Schwester dem Haushalt der Großmutter anvertraut.
Im Alter von 24 Jahren heiratete Lili am 23.03.1870 den Rechtswissenschaftler Adolf Wach, einen Freund ihrer Brüder. Wach, der am 11.09.1843 in Kulm geboren wurde, hatte sich 1868 in Königsberg habilitiert und wurde im Jahr darauf nach Rostock berufen. 1871 lehrte er in Tübingen, zwei Jahre später in Bonn, ehe er 1875 nach Leipzig übersiedelte, wo er sich "zu einer ersten Autorität seines Faches entwickelte" (Lambour).
Den Berufungen Wachs folgend, wechselte die Familie häufig ihren Wohnort. Ihre Kinder brachte Lili Wach daher in Frankfurt am Main, Tübingen, Bonn und Leipzig zur Welt: Felix (1871-1943); Carl (1872-1939), Elisabeth (1874-1953), Dora (1875-1949) sowie Marie (1877-1964), die spätere Nachlassbewahrerin der Familie im Schweizer Sommerhaus. Diesen fünf in den ersten sieben Ehejahren geborenen Kindern folgte zwölf Jahre später noch Adolf (1889-1969). Zudem nahm Lili ihren Neffen Albrecht Mendelssohn-Bartholdy (1874-1936) als Pflegesohn auf; er heiratete später seine Cousine Dora Wach.
In Leipzig gehörte das Ehepaar Wach zu den Honoratioren: Adolf engagierte sich beim Aufbau der Armenfürsorge, war Mitglied in der Gewandhausdirektion und initiierte die Errichtung des Mendelssohn-Denkmals. Gemeinsam widmeten sie sich dem Nachlass Felix Mendelssohn Bartholdys. Nach einer Erbteilung kamen 1875 wichtige Stücke daraus nach Leipzig zurück. Um die Sammlung, die später von Lili und Adolf Wachs Enkel Hugo Wach vor den Nationalsozialisten bewahrt und 1970 an das Stadtgeschichtliche Museum Leipzig übergeben wurde, zu erschließen, arbeitete Lili mit Forschern wie Ernst Wolff und dem britischen Musikschriftsteller George Grove (1820-1900) zusammen.
Lili Wach pflegte enge Kontakte zu Musikerinnen wie Clara Schumann, Livia Frege und Amalie Joachim und Leipziger Musikförderinnen wie Hedwig von Holstein sowie deren Schwester Elisabeth Seeburg. 1878 schloss sie Bekanntschaft mit der Komponistin und Dirigentin Ethel Smyth (1858-1944), die zu dieser Zeit am Leipziger Konservatorium studierte. Smyth schrieb in ihren Memoiren über ihre Freundin: "Frau Professor Wach (...) is one of the sweetest, most charming little woman I ever saw, very pretty and gentle, and has just that charm of manner that made her father so beloved." Laut Smyth war Lili "the only absolutely normal and satisfactory specimen I have ever met of a much-to-be-pitted genus, the children of celebrated personalities". 1887 eignete ihr Ethel Smyth die Sonate a-Moll für Violine und Klavier mit den Worten "Frau Lili Wach geborene Mendelssohn Bartholdy in Freundschaft gewidmet" zu. Johannes Brahms beschrieb die Wohnung der Wachs als eine "ebenso vornehme wie behagliche Heim- und Pflegestätte einer durch die Musen verschönten und gehobenen Geselligkeit". Auch Max Reger war nach seiner Berufung nach Leipzig 1907 häufig Gast der Familie. In einem Brief vom 22.06.1908 an Adolf Wach nahm der Komponist Anteil an Lilis Krankheit und übermittelte Genesungswünsche. Nach Lilis Tod schrieb er die Motette "O Tod, wie bitter bist du" op. 110,3 und widmete sie dem Andenken der Verstorbenen.
Während eines Sommers im Berner Oberland 1879 kehrte Lilis Tochter Elisabeth von einem Spaziergang zurück und berichtete, sie habe auf einer Waldlichtung das Paradies gefunden. Adolf Wach ersteigerte daraufhin das Land und ließ dort ab 1880 eine Sommerresidenz erbauen. Dieses "Haus Ried" wurde sowohl für die Familie als auch für Freundinnen und Freunde wie Clara Schumann, Elisabeth von Herzogenberg, Joseph Joachim, Max Reger, Ethel Smyth und Arthur Nikisch zum gern besuchten Urlaubsort.
Im Ried verstarb Lili Wach am 15.10.1910; sie wurde auf dem Friedhof in Gsteig beigesetzt. Im Januar 1911 errichtete Adolf Wach eine Stiftung unter dem Namen "Adolf und Lili Wach Stiftung". Der 1997 gegründete "Förderverein Ried (Wilderswil) Berner Oberland in memoriam Lili Wach Mendelssohn", der sich 2008 in "Mendelssohn Gesellschaft Schweiz in memoriam Lili Wach Mendelssohn" umbenannte, organisiert Konzerte im Ried.
Werke
Erhalten sind Korrespondenzen Lili Wachs mit Clara Schumann, Elsa und Max Reger, Ernst Wolff (Musikschriftsteller), Jakob Friedrich Nicolas Manskopf (Theaterhistoriker/ Violinist), Amalie und Joseph Joachim, Jacques Hartog (Musikpädagoge), mit Familienmitgliedern und anderen Nachweisen in https://kalliope-verbund.info/search.html?q=Lili+wach
(Abruf 02/2021)
Adressen in Leipzig
- 1845-1848: Königsstraße 3 (heute Goldschmidtstraße 12), seit 1997 Museum Mendelssohn-Haus
- 1875-1910: Goethestraße 9
Erinnerung/ Gedenken/ Würdigung in Leipzig
Im Museum Mendelssohn-Haus Leipzig (1845-1848 Wohnung der Familie Mendelssohn, heute Goldschmidtstraße 12) werden Erinnerungsstücke aus dem Familienbesitz präsentiert. Große Teile des Inventars gehören zu jener Sammlung, die das Ehepaar Lili und Adolf Wach 1875 für die Nachwelt sicherte.
Zum Weiterlesen/ Literatur/ Quellen
- (ohne Autor/-in): Artikel Adolf Wach, in: Professorenkatalog der Universität Leipzig / Catalogus Professorum Lipsiensium, Herausgegeben vom Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte, Historisches Seminar der Universität Leipzig. research.uni-leipzig.de/catalogus-professorum-lipsiensium/leipzig/Wach_171 (02.02.2021).
- Lackmann, Thomas: Das Glück der Mendelssohns. Geschichte einer deutschen Familie, Berlin 2015.
- Lambour, Christian: "... die stets äußerst liebenswürdig zu uns sind - Lili und Adolf Wach im Kreise ihrer musikalischen Freunde", Seite 333-357, in: Mendelssohn Studien Band 15, Hannover 2007, Seite 333.
- Panwitz, Sebastian und Schmidt-Hensel, Roland Dieter (Herausgeber): 250 Jahre Familie Mendelssohn, Hannover 2014.
- Richter, Brigitte: Freunde zu Gast im Hause Felix Mendelssohn Bartholdys in Leipzig. Leipzig 2011.
- Schoeps, Julius H.: Das Erbe der Mendelssohns: Biographie einer Familie, Frankfurt am Main 2013.
- Smyth, Ethel: Impressions that remained, London 1919.
- Wach, Thomas: Das Ried seit 1881. Hintergrund und Geschichte. Online abrufbar: http://mendelssohngesellschaft.ch/files/DAS-RIED-SEIT-1881_V2_Grossschrift.pdf (02.02.2021).
Autor: Hagen Kunze, 2020