Geyer, Anna - Frauen in der Leipziger Politik
geboren/ gestorben
13. März 1893 (Frankfurt) - 2. März 1973 (Detroit)
Ausbildung
Anna Geyer besuchte erst eine Mittel-, dann eine Handelsschule und nahm anschließend ein Gaststudium an der Universität Frankfurt am Main auf.
Gesellschaftliches Engagement
Sie engagierte sich innerhalb der USPD, war Mitglied der USPD-Zentralstelle für Betriebsräte und Herausgeberin eines parteieigenen Informationsdienstes. Im Jahr 1919 arbeitet sie zudem als Redakteurin beim "Volksblatt" in Halle an der Saale.
Partei
USPD, KPD, SPD
Rolle im Stadtrat
Bei den ersten allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Gemeindewahlen am 26. Januar 1919 wurde sie in die Leipziger Stadtverordnetenversammlung gewählt, aus der sie aber am 8. Oktober 1919 austrat. In der ersten Sitzung des neu gewählten Stadtverordnetenkollegiums am 5. Februar 1919 wurde sie als einzige Frau in den Wahlausschuss gewählt. Dort trat sie für die Interessen der USPD bei der Besetzung der Ausschüsse ein, um dort den Einfluss der bürgerlichen Parteien auszugleichen.
Porträt
Anna Geyer (geborene Elbert) wurde am 13. März 1893 in Frankfurt am Main als Tochter eines Bildhauers geboren. Sie besuchte erst eine Mittel-, dann eine Handelsschule und nahm anschließend ein Gaststudium an der Universität Frankfurt am Main auf. Nach ihrem Schulbesuch war sie als Sekretärin und Hausfrau tätig. 1917 trat sie der USPD bei und heiratete den Redakteur der Leipziger Volkszeitung Curt Geyer. Sie engagierte sich innerhalb der USPD, war Mitglied der USPD-Zentralstelle für Betriebsräte und Herausgeberin eines parteieigenen Informationsdienstes. Im Jahr 1919 arbeitet sie zudem als Redakteurin beim "Volksblatt" in Halle an der Saale. Bei den ersten allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Gemeindewahlen am 26. Januar 1919 wurde sie in die Leipziger Stadtverordnetenversammlung gewählt, aus der sie aber am 8. Oktober 1919 austrat.
In der ersten Sitzung des neu gewählten Stadtverordnetenkollegiums am 5. Februar 1919 wurde sie als einzige Frau in den Wahlausschuss gewählt. Dort trat sie für die Interessen der USPD bei der Besetzung der Ausschüsse ein, um dort den Einfluss der bürgerlichen Parteien auszugleichen. Sie gehörte zudem dem Ausschuss zur Eingemeindung von Vororten sowie dem Ausschuss an, der zur Vorbereitung der Wahl eines neuen Leipziger Polizeidirektors eingesetzt wurde.
Bei den Wahlen zur sächsischen Volkskammer am 2. Februar 1919 kandidierte sie ebenfalls für die USPD und zog als einzige Frau im Leipziger Landtagswahlkreis in das verfassungsgebende Gremium ein. Die USPD-Landtagsfraktion wählte sie zur Kassiererin. Im Oktober 1919 legte sie sowohl das Abgeordnetenmandat zur sächsischen Volkskammer als auch das zum Stadtverordneten-Kollegium nieder, da sie ihren Wohnsitz nach Berlin verlegte.
Sie gehörte wie ihr Ehemann und ihr Schwiegervater Friedrich Geyer zum linken USPD-Flügel und warb mit ihrem Mann für den Anschluss der USPD an die Kommunistische Internationale.
Sie machte im Dezember 1920 den Zusammenschluss des linken USPD-Flügels mit der KPD zur VKPD mit und leitete dann den Pressedienst der VKPD.
Im Rahmen der parteiinternen Auseinandersetzungen 1921 um die Märzaktion unterstützte sie Paul Levi und dessen Kritik am putschistischen Kurs der Zentrale. Weil sie Levi auch nach dessen Rücktritt vom Parteivorsitz weiterhin mit Vorstandsmaterialien und internen Dokumenten der Komintern und der VKPD-Zentrale versorgte, wurde sie nach dem VII. Parteitag 1921 gemeinsam mit ihrem Mann aus der VKPD ausgeschlossen. Sie trat erst der Kommunistischen Arbeitsgemeinschaft um Paul Levi und Ernst Däumig bei, schloss sich dann mit ihnen im März 1922 der USPD an und trat im September 1922 der SPD bei. In der SPD war sie vor allem zu frauenpolitischen Fragen aktiv. Sie arbeitete beim "Vorwärts", dem Zentralorgan der SPD, mit und veröffentlichte zwei Bücher zur Frauenfrage in Deutschland.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten verließ Anna Geyer Deutschland. Sie emigrierte zunächst in die Tschechoslowakei, 1937 dann nach Frankreich. Nach der französischen Niederlage und dem deutschen Einmarsch in Frankreich im Jahr 1940 floh sie ohne ihren Mann über Portugal in die USA. Später ließ sie sich von Curt Geyer scheiden.
In den USA war sie im German-American Council for the Liberation of Germany from Nazism um Albert Grzesinski aktiv.
Anna Geyer starb am 2. März 1973 in Detroit.
Thomas Höpel, 2018
Quellen
Literatur
- Anna Geyer, Die Frauenerwerbsarbeit in Deutschland, Jena 1924
- Anna Blos/ Anna Geyer/ Adele Schreiber-Krieger/ Louise Schroeder, Die Frauenfrage im Lichte des Sozialismus, Dresden 1930.
- Hermann Weber/ Andreas Herbst, Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945, Berlin 22008, Seite 293.
- Kuhlbrodt, Die proletarische Frauenbewegung, Seite 472.
- Mike Schmeitzner/ Michael Rudloff, Geschichte der Sozialdemokratie im Sächsischen Landtag, Dresden 1998, Seite 60.
- Peter Kuhlbrodt, Die proletarische Frauenbewegung in Deutschland am Vorabend und während der Novemberrevolution (Herbst 1917 bis Anfang Mai 1919), Dissertation A, Pädagogische Hochschule "Clara Zetkin" Leipzig 1981, Seite 472.
- Weber/ Herbst, Deutsche Kommunisten, Seite 294; In der Revolution geboren, Seite 85.
Archive
- Anna Geyer an Stadtverordnetenvorsteher Seger, Berlin, 30. September 1919, Stadtarchiv Leipzig, Stadtverordnetenakten, W 3, Band 20, Blatt 231.
- Sitzung der Stadtverordneten am 5. Februar 1919, Verhandlungen der Stadtverordneten zu Leipzig im Jahr 1919, Seite 4.
- Sitzung der Stadtverordneten am 12. Februar 1919, Verhandlungen der Stadtverordneten zu Leipzig im Jahr 1919, Seite 15.
- Sitzung der Stadtverordneten am 26. Februar 1919, Verhandlungen der Stadtverordneten zu Leipzig im Jahr 1919, Seite 78.
- Sitzung der Stadtverordneten am 19. Februar 1919, Verhandlungen der Stadtverordneten zu Leipzig im Jahr 1919, Seite 2, Seite 22, 23
- Sitzung der Stadtverordneten am 7. Mai 1919, Verhandlungen der Stadtverordneten zu Leipzig im Jahr 1919, Seite 315.
Zeitungsartikel/ Weitere Quellen
- Die Woche. Moderne illustrierte Zeitschrift, 21. Jahrgang, Nummer 16, 19. April 1919, Seite 387.
- Leipziger Neueste Nachrichten, Nummer 263, 5. Oktober 1919; In der Revolution geboren. In den Klassenkämpfen bewährt. Geschichte der KPD-Bezirksorganisation Leipzig-Westsachsen, herausgegeben von der Kommission zur Erforschung der örtlichen Arbeiterbewegung bei der Bezirksleitung der SED, Leipzig 1986, Seite 61-63, 78.