Rudolf Schlatter ein "Urgestein" zu nennen hat Charme: Zum einen ist er promovierter Geologe von Hause aus und zum anderen ist er bereits seit über 20 Jahren der Leiter des Leipziger Naturkundemuseums. Und um auch noch ein Klischee zu bedienen: Er ist Schweizer und kommt mit seinem langen, grau melierten Vollbart und den freundlich blitzenden Augen dem Bild vom wettergegerbten, Schweizer Alm-Bauer ziemlich nahe.
Nach 21 Jahren geht Rudolf Schlatter ab Februar in den verdienten Ruhestand. Seit April 1993 lenkt er die Geschicke im Naturkundemuseum in der Lortzingstraße 3. "Wir sind eine kulturelle Bildungseinrichtung und wir sind auch ein Archiv der Natur - das darf man nicht vergessen", umreißt der Museumsdirektor das Anliegen seines Hauses.
"Die nächste Generation wird fragen, was habt ihr zu ihrer Bewahrung getan", geht sein Blick in die Zukunft - wo ein Museum doch eher in die Vergangenheit blickt, das Naturkundemuseum zumal, das sich ja nicht nur mit präparierten Tieren und getrockneten Pflanzen beschäftigt. Hier schaut man weit in die Vorgeschichte, findet "Edelsteine im Schotter", engagiert sich für eine intakte Umwelt, blickt in den geologischen Untergrund.
Allein 201 Sonderausstellungen wurden in Rudolf Schlatters Amtszeit gezeigt - von "Souvenirs, Souvenirs" zum Thema internationaler Artenschutz bis zu "Hermann H. Ter Meer - Begründer der modernen Tierpräparation". Letzteres ist auch ein Alleinstellungsmerkmal des Museums, auf das Rudolf Schlatter besonders stolz ist. "Mit 232 Präparaten besitzen wir die weltweit umfangreichste Sammlung von Exponaten von Hermann H. Ter Meer, der als Präparator von Weltruf fast 27 Jahre in Leipzig wirkte."
Ebenfalls einmalig ist die Aufbereitung der geologischen und biologischen Geschichte des Leipziger Südraums der vergangenen 50 Millionen Jahre und die Dokumentation des Landschaftswandels nach Beendigung des Kohleabbaus Anfang der 1990er-Jahre.
Was macht ein so vielbeschäftigter Mann nun im Ruhestand? Rudolf Schlatter will sich wieder verstärkt geologischen Forschungen widmen und dort unter anderem besonders die Systematik der Ammoniten weiter betreiben. "Ich bleibe in Leipzig, kann hoffentlich mehr Zeit mit der Familie verbringen." Auch wünscht er sich mehr Freiräume für sein musikalisches Hobby, die Geige. "Mit der Geige fühle ich mich eins."Auch "Tiere werden weiter ein wichtiger Bestandteil bleiben." Dackelmix Eddie jedenfalls rechnet schon jetzt mit langen Spaziergängen mit seinem Herrchen. Und nicht zu vergessen, ist da noch der Schweizer Club Leipzig und Umgebung, dessen Vorsitzender er seit 2002 ist. Hier treffen sich Schweizer, die in der Region leben, pflegen ihre Kontakte, machen gemeinsame Unternehmungen. Alles in allem sieht es also nicht nach einem Ruhestand aus, sondern eher - wie bei so vielen - nach einem erfüllten "Unruhestand".