Förderbescheid für "Urbanen Wald" übergeben
Die Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz (BfN), Prof. Dr. Beate Jessel, hat heute im Leipziger Rathaus den Förderbescheid für das Erprobungs- und Entwicklungsvorhaben (E+E) "Ökologische Stadterneuerung durch Anlage urbaner Waldflächen auf innerstädtischen Flächen im Nutzungswandel ein Beitrag zur Stadtentwicklung" an Baubürgermeister Martin zur Nedden übergeben.
Mit E+E-Vorhaben werden mit entsprechender finanzieller Unterstützung des Bundes neuartige Ansätze auch in der Freiraumentwicklung in Städten erstmals in die Tat umgesetzt. Mit diesem Vorhaben soll am Beispiel Leipzigs die Anlage innerstädtischer Waldflächen erprobt werden sie können ein vielversprechendes Instrument innovativer Stadtentwicklung darstellen und gleichzeitig einen Beitrag zur Erholung und zum Naturerleben der Bevölkerung leisten.
Steigerung der Lebensqualität
Die Stadt Leipzig hat sich in den letzten Jahren intensiv mit den Herausforderungen des Stadtumbaus auseinandergesetzt. Nach unserer Erfahrung ist dabei die Entwicklung von Freiflächen und die ökologische Aufwertung der Stadtteile ein wichtiger Baustein, da sie zur Lebensqualität beitragen", erklärte Bürgermeister zur Nedden. "Wir wollen die Anlage von dieser neuartigen Form von Freiraum erproben, da sie kostengünstig sein kann und vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten bietet, die Erholung in besonderer Weise mit dem Stadtumbau verbinden. Unabdingbare Voraussetzung für die Planung dieser Freiräume ist, dass die kompakte Stadt in Leipzig erhalten bleibt. Dank der Förderung des Bundesamtes für Naturschutz können wir in diesem Jahr mit der Umsetzung auf dem 3,8 ha großen Gelände der ehemaligen Stadtgärtnerei beginnen. Nach der Auswertung der Erfahrungen wird zu diskutieren sein, ob und in welcher Form dieses Stadtentwicklungselement Perspektiven im Stadtumbau hat. Angefangen von der Benennung bis zur Durchführung sind noch einige Fragen zu klären, die mit diesem potenziell interessanten Instrument der Stadtentwicklung in Verbindung stehen."
Natur und Stadt im Gleichgewicht
Das BfN erwartet von diesem E+E-Vorhaben praktische Erfahrungen mit einem neuen Ansatz für die Verbindung von Stadtumbau und Naturschutz und Antworten auf den Klimawandel im Siedlungsbereich. "Die Anlage unterschiedlicher Waldtypen auf Brachflächen könnte eine kostengünstige Alternative zu herkömmlichen, in der Pflege aber sehr kostenintensiven Grünflächen sein. Sie bietet zugleich neue Möglichkeiten für die städtische Bevölkerung, Natur im unmittelbaren Umfeld zu erleben. Gleichermaßen wichtig wie die ökologischen Aspekte ist uns in dem Vorhaben daher die Untersuchung der Wahrnehmung und Akzeptanz solcher Grünstrukturen durch die städtische Bevölkerung. Wir sehen darin zudem ein Modell für die erfolgreiche und zugleich notwendige Zusammenarbeit der Verwaltung in den Städten mit externen Partnern in Wirtschaft, Verwaltung und Wissenschaft, wenn es darum geht, anspruchsvollen Ziele der Stadtentwicklung umzusetzen", sagte BfN-Präsidentin Jessel.
Bei der Planung und Anlage zunächst einer urbanen Waldfläche in Leipzig auf dem Gelände der ehemaligen Stadtgärtnerei kooperieren das Stadtplanungsamt und das Amt für Stadtgrün und Gewässer (Abteilung Stadtforsten). Der entstehende urbane Wald wird in Zukunft durch die Stadtforstabteilung bewirtschaftet. Die Anlage von Urbanem Wald in Leipzig soll zugleich beispielhaft wichtige praktische Impulse für die Umsetzung der Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt wie auch für die Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel geben.
Parallel zur praktischen Umsetzung im Rahmen des Hauptvorhabens soll eine wissenschaftliche Begleituntersuchung unter Beteiligung der TU Dresden in Zusammenarbeit mit Forstfachleuten und Planern auf den Modellflächen u. a. die Auswirkungen auf das Stadtklima, die Entwicklung der biologischen Vielfalt und die Akzeptanz und Nutzung von Urbanem Wald durch die Bevölkerung untersuchen. Mit den Bürgern soll es zur Planung und Realisierung der Maßnahmen einen intensiven Diskussions- und Informationsprozess geben.
Zum Hintergrund des Vorhabens
Der Stadtumbau stellt neue Anforderungen an die Gestaltung von innerstädtischen Grün- und Brachflächen. Hierzu kann der jetzt in Leipzig zu erprobende neue Freiflächentyp auch die Neuanlage von Waldflächen einen Beitrag leisten, allerdings in Gestaltungsformen, die auch für innerstädtische Flächen geeignet sind. Urbane Wälder sind als eigene Freiflächenkategorie gegenüber klassischen Parkanlagen und Grünflächen zu verstehen. Ihr Einsatz im Stadtumbau begründet sich mit den Leistungen für den Klimaschutz sowie die Erholungsvorsorge und mit ihrer Wirtschaftlichkeit gegenüber intensiv gepflegten Grünflächen. Urbane Wälder bedürfen im Gegensatz zu Wäldern in der freien Landschaft bei der Planung, Gestaltung und Unterhaltung einer engen Zusammenarbeit zwischen Stadtplanung, Landschaftsarchitektur und Forstwirtschaft, um den hohen Anforderungen an Ästhetik, Akzeptanz, Nutzbarkeit und Wirtschaftlichkeit in der Stadt gerecht zu werden. Das Erscheinungsbild der kompakten europäischen Stadt, das auch als städtebauliches Leitbild für Leipzig von besonderer Bedeutung ist, wird dabei nicht in Frage gestellt. Unterschiedliche Typen von Wäldern lassen ausreichend Gestaltungsspielräume zu, damit den vielfältigen innerstädtischen Anforderungen Rechnung getragen werden kann. In der aktuellen Stadtumbaudiskussion werden diese Formen von Grünflächen in der Stadt daher als Alternative zu brachliegenden Flächen oder kostenintensiven gestalteten Grünflächen gesehen.
Die Diskussionen um die Neuanlage von Wäldern in der Stadt konzentrierten sich bisher vor allem auf Bereiche am Stadtrand oder auf große Industriebrachen, wie beispielsweise auch im Ruhrgebiet. Ziel des E+E-Vorhabens ist es, die besonderen Bedingungen für innerstädtische Waldflächen, d.h. in den bebauten Bereichen, zu erkunden. In der Voruntersuchung zum E+E-Vorhaben wurden in einem konstruktiven Dialog zwischen Verwaltung, Planern, Forstwirten und Wissenschaftlern die Grundlagen für das Hauptvorhaben erarbeitet. Dazu zählen die Ermittlung geeigneter Flächen in Leipzig und die Ausarbeitung von Anforderungsprofilen für unterschiedliche Waldstrukturtypen und Waldbilder, die wie auch die Organisationsstrukturen des Projektes auf andere Städte übertragbar sind.
Veröffentlichungshinweis
Die Dokumentation "Urbane Wälder" im Heft Nr. 63 "Naturschutz und Biologische Vielfalt" kann bestellt werden unter: www.buchweltshop.de/bfn/
Burkhardt, I., Dietrich, R., Hoffmann, H., Leschner, J., Lohmann, K., Schoder, F. und Schultz, A. (2008):
Urbane Wälder, Abschlussbericht zur Voruntersuchung für das Erprobungs- und Entwicklungsvorhaben "Ökologische Stadterneuerung durch Anlage urbaner Waldflächen auf innerstädtischen Flächen im Nutzungswandel ein Beitrag zur Stadtentwicklung".
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an
Stadt Leipzig
Referat Medien, Kommunikation und Stadtbüro
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