Wirtschaftsförderer knüpfen Kontakte, treten in den Dialog und vertiefen Beziehungen. Das alles passiert häufig ohne viel Aufhebens. Oft brauchen sie einen langen Atem, bis es zum Paukenschlag kommt, ihre Mission erfüllt ist. Uwe Albrecht hat diesen langen Atem, kann sich in vielen kleinen Schritten und kontinuierlich auf potenzielle Partner zubewegen, vordenken, wahrnehmen und anbieten, was kleine und große Unternehmen oder Mittelständler brauchen.
Gerade jetzt macht er da keinen Unterschied. "Ich muss in einer denkbar ungünstigen Situation loslassen", bedauert der 63-Jährige, der am 18. September 2020 seinen letzten Arbeitstag hatte. "Jetzt, wo viele Unternehmen die Langzeitwirkung von Corona zu spüren bekommen, ist die Erwartungshaltung gegenüber der Stadt sehr groß, das habe ich erlebt. Drei Hilfsprogramme haben wir hier bisher angeschoben. An dieser Stelle hätte ich gern weitergemacht." Doch Leipzigs Stadträte beschlossen im Frühjahr Strukturveränderungen innerhalb der Verwaltung, deshalb bleibt sein Platz vorerst unbesetzt.
Start bei 20 Prozent Arbeitslosigkeit
Noch 2006 wäre das undenkbar gewesen. Als der studierte Kraftfahrzeugingenieur mit viel Erfahrung in politischer Gremienarbeit den Posten damals übernahm, lag die Arbeitslosigkeit in Leipzig bei 20 Prozent. "Eine in Zahlen formulierte Hauptaufgabe", erinnert er sich. "Da galt es, Abwanderung zu verhindern, gut qualifizierte Leute zu finden, sich mit den Hochschulen und Arbeitsmarktakteuren an einen Tisch zu setzen, vor allem verlässlich zu sein und Optimismus zu verbreiten." Das ist sein Fahrplan bis heute, wenn es darum geht, Bestandsunternehmen zu pflegen, Investoren zu finden und Firmengründungen zu ermöglichen, daneben Fachkräfte sowie Nachwuchs zu sichern.
Seite an Seite mit dem Oberbürgermeister
"Uwe Albrecht ist mir ein wertvoller Wegbegleiter", sagt Oberbürgermeister Burkhard Jung zum Abschied und lobt Albrechts pragmatische, bescheidene und strukturierte Art und Weise, Herausforderungen anzugehen. "Wir sind unseren gemeinsamen Weg zu einer Zeit gegangen, als Leipzig ein ansehnlicher Aufschwung gelang", so Jung.
Ja, Albrechts Erfolg respektive der seiner Mannschaft kann sich sehen lassen: 5.047 mehr gewerbesteuerzahlende Betriebe, 164 Millionen Euro mehr Gewerbesteuern und 38 Prozent mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigte standen 2019 gegenüber 2006 zu Buche. Unternehmen wie DHL, Amazon, Mercateo und Beiersdorf haben sich unter seiner Ägide ebenso für Leipzig entschieden wie Behörden, unter anderem die Agentur für Sprunginnovation.
Doch er wollte nie nur Bürgermeister für die Großen sein. "Mir war immer der Mittelstand wichtig, da schafft nicht einer aus dem Stand 100 Arbeitsplätze, aber über die Jahre vielleicht zehnmal zehn. Das hat ähnliche Wirkung."
Auch Auslandsgeschäfte fielen in sein Ressort. "Das macht nur Sinn, wenn du kontinuierlich Gesicht zeigst", weiß Albrecht. Das tat er denn auch in Moskau, Japan, Vietnam, in der Schweiz, in den USA, in China oder Italien und gern auch mit dem Gewandhausorchester als Türöffner. Und er nimmt großartige Erinnerungen mit, zum Beispiel an den Papstbesuch im Vatikan im April 2012 zum 85. Geburtstag von Benedikt XVI.
Mehr Expertise in Sachen Digitalisierung nötig
Erfolg schafft Spielräume. In seinen Anfangsjahren waren die für Albrecht nicht so üppig. "Wir hatten den Haushalt zu konsolidieren, mussten Grundstücke verkaufen, das tat weh. Heute haben wir unsere Strategie in der Liegenschaftspolitik umgestellt, setzen auf Erbbaurechtsverträge und Konzeptveräußerungen." Eine der großen Zukunftsaufgaben im Dezernat heißt seit mehreren Jahren auch die Digitalisierung. "Was hier alles geht, hat Corona gezeigt, aber noch brauchen wir viel Expertise von Wissenschaft und Unternehmen."
Was seine eigene Zukunft anbelangt, ist sich Albrecht unschlüssig. "Da muss der Familienrat noch tagen", schmunzelt der Ehemann und Vater zweier erwachsener Kinder. Gesund bleiben, Zeit fürs Radeln und für die Handballer vom SC DHFK sowie weiterhin einen langen Atem für alles, was kommt - das zumindest ist eine gute Ausgangslage.