Spätestens seit Johann Wolfgang von Goethes Italien-Reise ist das Land zum Sehnsuchtsort auch für Künstler geworden. Im 19. Jahrhundert waren die Reise nach Italien oder der längere Aufenthalt nahezu fester Bestandteil der künstlerischen Ausbildung. Dabei folgten die Künstler populären Reiseführern, Berichten und Hinweisen reisender Berufsgenossen und suchten Sehenswürdigkeiten und bekannte Orte auf. So entwickelten sich wiederkehrende Bildmotive, die dieselben Blickachsen von unterschiedlicher Hand ausgeführt zeigen.
Mit den zunehmenden Herrschafts- und Expansionsbestrebungen europäischer Großmächte steigerte sich im ausgehenden 18. Jahrhundert das Interesse am exotischen, fremden Orient. Angeregt durch Napoleons Ägyptenfeldzug sowie archäologische Expeditionen wuchs insbesondere die Faszination für Ägypten in Europa. Die Weltausstellungen taten ihr Übriges, um das Interesse am exotischen Fremden noch zu steigern. Von Neugierde getrieben oder durch Aufträge verpflichtet, strebten zunehmend bildende Künstler gen Osten und Süden über die Grenzen Europas hinaus. Auf ihren Reisen kam es primär zu einer Erschließung fremder Bildwelten, weniger zu einer Durchdringung der einheimischen Kultur und Ästhetik. Das Exotische, das Gegensätzliche machte sich vordergründig in der Themenwahl bemerkbar. Kamelkarawanen, Viehherden, landestypische Architektur, aber auch die einheimische Bevölkerung waren die bevorzugten Motive.
Doch nicht immer ist die Reise in die Fremde mit Vergnügen verbunden. Viele künstlerische Arbeiten erzählen vom unfreiwilligen Leben und den Unwegbarkeiten im Exil. Ein weiteres Motiv ist zudem eine Reise der ganz anderen Art: Der Rückzug ins eigene Innere. Erscheint die Außenwelt zunehmend fremd, wählen manche statt auszuwandern eher ein "Hineinwandern" - den Weg der "inneren Emigration".
Künstlergeschichten
Hinter den gezeigten Werken stecken oft beeindruckende Geschichten. Zu den ausgestellten Künstlerinnen zählt unter anderem Lea Grundig. 1939 wurde Grundig, bekennende Kommunistin und Tochter einer jüdischen Kaufmannsfamilie aus Dresden, nach mehreren Verhaftungen aus Deutschland ausgewiesen. Grundig reiste ohne ihren Ehemann, den Künstler Hans Grundig, der in Dresden zurückbleiben musste. Ihr Weg in das fast achtjährige Exil in Palästina führte zunächst über Prag und Wien nach Bratislava. Dort war sie für mehrere Monate im Sammellager Patrónka inhaftiert. 1940 gelangte sie auf dem Flüchtlingsschiff Pacifique in den Hafen von Haifa und wurde für knapp ein Jahr mit etwa 2000 anderen Geflüchteten im nahe gelegenen Gefangenenlager in Atlit untergebracht. Dort teilte sie sich eine Baracke mit bis zu 30 Frauen und hielt das Geschehen um sich herum auf dem Papier fest. Aus dieser Zeit stammt die eindrucksvolle Serie "Die Hexenmappe" (1941). Im Exil feierte sie als Künstlerin Erfolge und erhielt Anregung, ihr künstlerisches Schaffensfeld zu erweitern und als Buchillustratorin zu arbeiten. 1948/1949 kehrte Lea Grundig wieder nach Dresden zurück.
Gerhard Altenbourg gehört zu den Ausnahmeerscheinungen in der deutschen Kunstlandschaft der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. In der Ausstellung steht sein Schaffen exemplarisch für all jene Künstlerinnen und Künstler, die, geprägt durch politische Repressalien, traumatisierende Kriegserlebnisse oder persönliche Schicksalsschläge, den Weg des inneren Rückzugs gewählt haben, um ihre künstlerische Autonomie gegen alle Widerstände von außen zu behaupten. Die furchtbaren Erlebnisse des neunmonatigen Frontaufenthaltes im Zweiten Weltkrieg, den Gerhard Altenbourg zwar physisch unbeschadet überstanden hatte, begleiteten ihn bis zu seinem Lebensende und waren der Auslöser, seinen Blick künftig von außen nach innen zu lenken. Da Altenbourg sich nach dem Krieg in der DDR den neuen Vorgaben und der Orientierung am "Sozialistischen Realismus" verweigerte, musste sich der Künstler, der im westlichen Ausland sehr erfolgreich war, wiederholt mit Repressalien und Reglementierungen, die seine künstlerische Arbeit betrafen, auseinandersetzen. Er schuf sich eine künstlerische Enklave im Privaten.
Begleitprogramm
Vorträge
- "Künstlerreisen nach Italien", 25. August 2017, 18 Uhr
Vortrag von Heike Biedermann, Staatliche Kunstsammlungen Dresden - "Lea Grundig als Emigrantin in Palästina", 12. November 2017, 11 Uhr
Vortrag von Dr. Maria Heiner
Öffentliche Führungen
- Sonntag, 27. August, 11 Uhr
- Donnerstag, 7. September, 15 Uhr (für Senioren)
- Mittwoch, 13. September, 18 Uhr
- Sonntag, 1. Oktober, 11 Uhr
- Mittwoch, 11. Oktober, 18 Uhr
Außerdem gibt es einen Druckworkshop für Erwachsene (11. November, 14-17 Uhr) sowie Veranstaltungen für Kinder, Familien und Schulklassen.
Öffnungszeiten
Montag: geschlossen
Dienstag und Donnerstag bis Sonntag: 10-18 Uhr
Mittwoch: 12-20 Uhr
Feiertage: 10-18 Uhr