Wie würden Sie die Rolle und Stellung Grünaus innerhalb der Gesamtstadt beschreiben?
Die Großwohnsiedlung Grünau hat mit rund 41.000 Einwohnern das Format einer Mittelstadt. Gelegen am westlichen Stadtrand, wächst Grünau durch die Entwicklungen am Lindenauer Hafen und am Plagwitzer Bahnhof immer mehr mit der gründerzeitlichen Stadt zusammen und hat sich in den letzten Jahren sehr positiv entwickelt.
Der Stadtteil ist durchgrünt, optimal mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen und bestens ausgestattet mit Versorgungs-, Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen. Die Grünauer sind sehr zufrieden mit ihrem Stadtteil, und Stück für Stück wird der positive Wandel der Siedlung auch von Nicht-Grünauern wahrgenommen.
Die intensive stadtplanerische Beschäftigung mit Grünau, in das seit 1990 immerhin mehr als 75 Millionen Euro allein an Städtebaufördermitteln geflossen sind, das Quartiersmanagement und die intensive Zusammenarbeit mit den Akteuren vor Ort hat ganz wesentlich dazu beigetragen.
Nun haben sich die Prämissen für die zu DDR-Zeiten errichteten Großwohnsiedlungen im Laufe der letzten 25 Jahre verändert. Welche Entwicklungsstrategie für Grünau verfolgt die Stadt aktuell?
Nach den Jahren des Bevölkerungsverlusts stehen die Zeichen nun wieder auf Wachstum. Dafür sollen insbesondere die Qualitäten der sozialen Infrastruktur weiter ausgebaut werden, z. B. durch die Sanierung von Schulen, den Ausbau der Sportangebote oder die Errichtung eines Bildungs- und Bürgerzentrums an der Stuttgarter Allee. Die einzelnen Quartiere Grünaus sollen entsprechend ihrer Lagequalitäten und Akteurslandschaft zu eigenständigen "Adressen" profiliert werden. Grünau ist sicher aufgrund der Flächenverfügbarkeit und der Grünstrukturen ein interessanter Ort für den Neubau. Hier gilt es, städtebaulich geschickt an die vorhandene Struktur anzuschließen.
Angesichts des rapiden Einwohnerzuwachses dürfte in Zukunft der soziale Wohnungsbau wieder eine größere Rolle spielen. Sehen Sie hier für Grünau neue Möglichkeiten?
Grünau übernimmt bereits jetzt einen überdurchschnittlichen Beitrag zur Integration von Schwächeren in die Stadtgesellschaft, beispielsweise auch durch die Aufnahme einer hohen Zahl von Flüchtlingen. Der Mietmarkt wird sich wahrscheinlich noch mehr räumlich auseinanderentwickeln. Wir müssen aus meiner Sicht eher darauf achten, dass in den hoch- oder mittelpreisigen Stadtteilen auch bezahlbarer Wohnraum erhalten wird. Daher sehe ich den sozialen Wohnungsneubau nicht prioritär in Grünau. Vielmehr zeigen die bereits gestarteten Projekte der Wohnungsgenossenschaften, dass Grünau ein attraktiver Wohnstandort für Leipzigerinnen und Leipziger geworden ist.