Aus dem Gutachten geht hervor, dass die sich im Grab befindenden Gebeine tatsächlich die sterblichen Überreste des Niederländers sind, der 1933 wegen der Brandstiftung des Reichstags in Berlin zum Tode verurteilt worden war. In dieser Frage hatte es bislang keine eindeutige Sicherheit gegeben. Auch die Frage, ob van der Lubbe während des Prozesses toxische Substanzen verabreicht worden waren, ist gelöst: Die Toxikologen fanden keine derartigen Hinweise.
Allerdings könne 89 Jahre nach dem Tod ein solcher Nachweis wissenschaftlich nur sehr schwer geführt werden, teilte das Institut mit. Das Nichtauffinden toxikologischer Spuren kann bedeuten, dass van der Lubbe solche nicht verabreicht worden waren, muss es aber nicht. „Aufgrund der langen Zeitspanne zwischen Tod und Exhumierung sind Zersetzungsprozesse jedoch hochgradig wahrscheinlich, so dass eine Beibringung von Arzneimittelwirkstoffen weder bestätigt noch vollständig widerlegt werden kann“, heißt es in dem Gutachten.
Die Experten hatten in einem aufwändigen und langwierigen Verfahren Haare, Zahn, Knochen, Weichteilreste des Leichnams sowie Bodenproben untersucht. Die anatomische Untersuchung zeigte keine Hinweise auf grobe körperliche Misshandlungen zu Lebzeiten.
Die Identität des Leichnams konnte mittels DNA-Abgleich ermittelt werden. DNA-Proben aus einem Zahn wurden mit einer Speichelprobe eines Enkels des Bruders van der Lubbes abgeglichen. Die Untersuchung ergab eine „vollständige Übereinstimmung“ der in männlicher Linie vererbten Merkmale; damit sei die Identität des Leichnams nachgewiesen.
Die Untersuchung räumte zugleich mit einem historischen Gerücht auf. Laut zeitgenössischen Quellen soll van der Lubbe „in doppelter Tiefe“ bestattet worden sein, um eine Ausgrabung zu verhindern. Die Graböffnung zeigte jetzt: Der Leichnam war in der regulären Tiefe von zwei Metern beigesetzt.
Der 1909 in Leiden in den Niederlanden geborene van der Lubbe war am 27. Februar 1933 im brennenden Reichstagsgebäude in Berlin von der Polizei festgenommen worden. Im Reichstagsbrandprozess im Leipziger Reichsgericht war van der Lubbe im Dezember 1933 zum Tode verurteilt worden; das Urteil wurde am 10. Januar 1934 vollstreckt, sein Leichnam auf dem Leipziger Südfriedhof beigesetzt. Unter Historikern gibt es bis heute Streit, ob van der Lubbe in dem Prozess unter Drogen gestanden haben könnte. Auch seine alleinige Täterschaft ist umstritten.
Das Grab von Marinus van der Lubbe war in Abstimmung mit dem für den Leipziger Südfriedhof zuständigen Amt für Stadtgrün und Gewässer durch die Paul-Benndorf-Gesellschaft geöffnet worden.