"Leipzig hat keine hochgeklappten Bordsteine, sonst wäre die Stadt längst nicht so lebendig und nachgefragt", lacht Friedemann Goerl. Seit einem Jahr ist der städtische Fußverkehrsverantwortliche im Verkehrs- und Tiefbauamt und für die strategische Fußverkehrsförderung in der Stadt tätig.
Sein erstes Resümee: "Leipzigs Stadtväter haben schon in der Gründerzeit vorausschauend gebaut, denn das Leben in der Stadt lebt maßgeblich vom Fußverkehr. Wir haben neben der Besonderheit eines gut funktionierenden Passagen-Systems im Vergleich zu anderen Städten einen sehr komfortabel geplanten öffentlichen Raum, sodass man sich gerne in der Stadt aufhält", erzählt Goerl.
Viel Nachholbedarf vor allem bei Nebenstraßen
Dennoch: Leipzig hat viel Nachholbedarf, besonders im Nebenstraßennetz. Viele eingemeindete Ortsteile sind ländlich geprägt, teilweise sogar ohne Gehwege. Auch in den Großwohnsiedlungen geht es eng zu und Leipzig hat viele desolate Gehwege, beschädigt durch Durchwurzelung oder geparkte Lieferfahrzeuge, die Spurrinnen bilden. Folge: Die Gewehgplatten brechen. Nach wie vor gibt es noch zu wenig abgesenkte Bürgersteige für Menschen, die eingeschränkt mobil sind.
"Fußgänger sind die schwächsten Verkehrsteilnehmer, also gilt es hier Verkehrssicherheit, Barrierefreiheit und einfach Aufenthaltsqualität neu oder wieder herzustellen", so Goerl. Doch er ist nicht der Mann für die Instandsetzung, darum kümmert sich eine andere Abteilung im Verkehrs- und Tiefbauamt.
Erste Strategie wird vorgestellt
Der studierte Geograph kommt ins Spiel, wenn es um Strategien, Ziele und Priorisierung geht. Er produzierte in seinem ersten Jahr vorrangig ein Strategiepapier und legt am 31. Januar 2019 dem Zweiten Runden Tisch Fußverkehr diesen ersten Entwurf der Fußverkehrsstrategie vor. Die Fachöffentlichkeit, wie zum Beispiel der Behindertenverband, Seniorenverbände, der Fuß e. V., der Allgemeine Deutsche Fahrradclub, die Leipziger Verkehrsbetriebe, der Mitteldeutsche Verkehrsverbund und natürlich Stadträte werden den Entwurf diskutieren.
Erarbeitung eines Fußverkehrsentwicklungsplanes mit Pilotprojekten
In einem zweiten Schritt geht es dann um die Erarbeitung eines Fußverkehrsentwicklungsplanes, der 2021 stehen soll. Und weil Fußverkehr so kleinteilig ist, wird der Plan ortsteilspezifische Verkehrskonzepte enthalten. Stötteritz beispielsweise ist so ein Pilot-Ortsteil. Hier wird mit allen Akteuren vor Ort durchdekliniert, wo genau kommen Querungshilfen zum Beispiel vor Seniorenheimen hin, wo
Zebrastreifen vor Kindergärten et cetera "Am Ende steht eine Karte mit vielen ‚Hausnummern‘, wo was passieren muss", erklärt Goerl. Diese Diskussion wird nicht einfach, denn es geht immer auch um eine faire Flächenverteilung im öffentlichen Raum. Da gelte es, Gewohnheiten zu hinterfragen und auch manchmal zu durchbrechen, so Goerl.
Gohliser Fußverkehr im Blickpunkt
Am 16. Januar 2019 ist Friedemann Goerl auf Einladung des Bürgervereins Gohlis um 19 Uhr bei dessen Arbeitsgemeinschaft "Mobilität und Verkehr in Gohlis" zu Gast. Gemeinsam mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern spricht er über die aus Fußgängersicht notwendigen Verbesserungen des Straßen- und Fußwegraums im Stadtteil. Die Veranstaltung in den Räumen des Bürgervereins in der Lindenthaler Straße 34 ist kostenfrei.