Der Gedenkabend begann traditionell mit dem Friedensgebet in der Nikolaikirche. Die Predigt hielt in diesem Jahr Pfarrer Markus Meckel, Außenminister a. D. In der 2001 begonnenen Veranstaltungsreihe der Reden zur Demokratie sprach mit Herta Däubler-Gmelin (Foto oben rechts) erstmals eine Frau in der Leipziger Nikolaikirche. Die Juristin, ehemalige Bundesjustizministerin und stellvertretende Vorsitzende des Gesamtdeutschen Einheitsausschusses würdigte in ihrer Ansprache besonders die vielen aktiven Bürgerrechtlerinnen im Herbst 1989. Angesichts der Bedrohungen, denen die Demokratie heute ausgesetzt ist, appellierte sie, sich nicht von der Politik abzuwenden, sondern selbst wieder in den respektvollen Dialog mit Andersdenkenden und in Diskussionen um den besseren Weg einzutreten.
Lichtfest 2018
Der Augustusplatz als historischer Versammlungsort der Demonstranten 1989 bildete auch in diesem Jahr wieder den Aktionsraum für das Lichtfest Leipzig. Die einstündige Veranstaltung verband Musik, Wort und Video zu einer beeindruckenden Inszenierung, die das Thema Teilhabe, insbesondere von Frauen, in den Mittelpunkt stellte.
Aus diesem Grund war die Bühne 2018 im besten Wortsinn weiblich. Chefdirigentin Eva Meitner führte die 24 Musikerinnen des Freien Orchesters Leipzig souverän durch ein Programm, das überwiegend aus der Feder von Komponistinnen stammte, darunter auch eine Auftragskomposition und Uraufführung: Ballots' Ballet von Susanne Hardt. Ihr "Tanz der Stimmzettel" fügte sich leicht und spielerisch in die besondere Rhythmik des Abends. Der Komponist Moritz Eggert lieferte mit "Masse" die akustischen "Störungen" zwischen den einzelnen Episoden. Das Publikum dankte den Musikerinnen mit viel Zwischenapplaus und spontanen Bravo-Rufen.
Auf der Leinwand zu sehen waren nicht nur historische Aufnahmen aus den 1920er Jahren bis zum Ende des 20. Jahrhunderts, sondern auch aktuelle Bilder. Die filmischen Sequenzen verstärkten punktgenau die musikalische Stimmung durch exakt getaktete Einspielungen - begleitend immer wieder die Stimmen der Sprecherinnen mit ihren energischen, teils auch nachdenklichen Zwischenrufen, die die Bilder und die Musik verstärkten, verfremdeten oder konterkarierten.
Viele der rund 15.000 Besucher nutzen an diesem Abend auch wieder die Gelegenheit, eine Kerze abzustellen und brachten so gemeinsam die große 89 auf dem Augustusplatz zum Leuchten.
Aufruf zum Gedenken
Kurz nach 20 Uhr hatte Oberbürgermeister Jung die vielen Besucherinnen und Besucher begrüßt. In seiner kurzen Rede betonte er, wie wichtig es sei, für etwas einzutreten, nicht gegen etwas - für Offenheit, für die Würde des Menschen, für Öffnung. "Ihr seid das Volk" rief er dem Publikum zu, was dieses mit viel Applaus quittierte. "Wir zeigen heute Abend das andere Sachsen. Wir sind mehr."
Nach ihm trat die frühere DDR-Bürgerrechtlerin Gesine Oltmanns ans Mikrofon und erinnerte mit berührenden Worten an den Herbst '89: "Wir sind losgegangen, ohne das Ziel zu benennen." An diejenigen, die wie sie die Friedliche Revolution miterlebt haben, appellierte sie eindringlich: "Erzählt es denen, die neben euch stehen und neugierig sind zuzuhören. Erzählt ihnen, was uns stark gemacht hat, getrieben hat, eine Diktatur zu stürzen. Nämlich die Sehnsucht, die Luft der Freiheit zu atmen. Als freie Menschen in einem offenen Land zu leben." Herta Däubler-Gmelin, Bundesjustizministerin a .D., die die diesjährige Rede zur Demokratie gehalten hatte, knüpfte daran an: "Das Bild von '89 mit diesem Transparent, das Gesine Oltmanns und Katrin Hattenhauer hielten, kann man nicht vergessen. Es ist ein Beispiel für Mut und Überwindung der Angst. Und der heutige Tag ist ein Tag des Gedenkens - mit nach vorne gerichteten Gedanken. Ich danke Ihnen, dass ich dabei sein darf."
Auch der Ministerpräsident des Freistaates Sachsen, Michael Kretschmer, zeigte sich beeindruckt von dem Bild, das sich ihm auf dem Augustusplatz bot: "Wenn man das das erste Mal sieht, ist man einigermaßen sprachlos". Auch er erinnerte an die Hoffnung von '89, den Wunsch etwas zubewegen. "Junge Leute bekommen mit dem Lichtfest einen Moment, sich '89 bewusst zu machen. Sich bewusst zu machen, dass vieles vor 30 Jahren keine Selbstverständlichkeit war. Lassen Sie uns gemeinsam verteidigen, was erreicht worden ist und stolz darauf sein."
Weitere Informationen
Konzipiert und umgesetzt wird das Lichtfest von der Leipzig Tourismus und Marketing GmbH (LTM). Dem voran geht die alljährliche Themensetzung durch die Initiative Herbst '89, deren Mitglied LTM ist.