Das GRASSI Museum für Angewandte Kunst eröffnet am 4. März 2012 den dritten und damit letzten Teil seiner Ständigen Ausstellung. Jugendstil bis Gegenwart vereint auf etwa 1.200 m² rund 1.500 Objekte von der Jahrhundertwende bis zur unmittelbaren Gegenwart. Schwerpunkte bilden Werke aus der Zeit des Jugendstil, Art-Déco, Funktionalismus und Bauhaus ebenso wie ostdeutsches Design ab den 1950er Jahren und zeitgenössisches internationales Design. Mit Jugendstil bis Gegenwart ist die neue Dauerausstellung des Museums komplett. Ihre insgesamt drei Ausstellungsbereiche Antike bis Historismus, Asiatische Kunst. Impulse für Europa und Jugendstil bis Gegenwart laden jetzt zu einer Zeitreise durch mehr als 3000 Jahre Kunstgeschichte ein.
Drei Ausstellungsbereiche
Die neue Ständige Ausstellung umfasst drei chronologisch geordnete und von der Architektur bestimmte Rundgänge. Auf etwa 3.500 m² Ausstellungsfläche werden rund 3.800 Objekte von der Antike bis zur Gegenwart präsentiert.
Jugendstil bis Gegenwart
Der dritte Ausstellungsrundgang erstreckt sich über zwei Etagen. Sechs Medienstationen stellen die präsentierten Objekte in ihrem jeweiligen historischen Kontext dar. Darüber hinaus werden auf den Monitoren konservatorisch besonders sensible Objektgruppen wie Textilien, Gebrauchsgrafik und Fotografie vorgestellt.
Im Obergeschoss führen drei große Themenschwerpunkte in chronologischer Abfolge von ausgewählten Objekten des Internationalen Jugendstils mit Spitzenstücken von der ganz im Zeichen des Japonismus stehenden Pariser Weltausstellung im Jahr 1900 über verschiedene Ausprägungen des deutschen Jugendstils hin zum expressiven Zackenstil des Art-Déco. Schwerpunkte bilden hier unter anderem Erzeugnisse der Wiener Werkstätte ebenso wie Objektgruppen, die im Zusammenhang mit der programmatischen Ausstellung Europäisches Kunstgewerbe 1927 in das Museum gelangten oder auf den museumseigenen Grassimessen erworben wurden. Die vom Funktionalismus bestimmte Moderne ist insbesondere durch das Bauhaus und sein Umfeld vertreten. Das Museum pflegte mit dem Bauhaus und der Burg Giebichenstein bereits frühzeitig intensive Kontakte, die sich auch in den Sammlungsbeständen niederschlugen. Durch Kriegsverluste stark geschmälert, konnte die Bauhaussammlung in den vergangenen Jahren mit gezielten Einzelerwerbungen wieder ausgebaut werden.
Einen Eindruck von Anspruch und Erscheinungsbild der Grassimessen jener Jahre bietet eine Adaption des historischen Messestands der Vereinigten Lausitzer Glaswerke Weißwasser (VLG) in Gestalt eines gläsernen Kubus. Der historischen Situation folgend, sind die von Lilly Reich, einer engen Mitarbeiterin Wilhelm Wagenfelds, entworfenen sachlich-eleganten Präsentationsmöbel mit Gläsern aus den von Wilhelm Wagenfeld entwickelten und teils in Zusammenarbeit mit Charles Crodel entstandenen, VLG-Serien besetzt. Skandinavisches und deutsches Design der 1930er und 1940er Jahre bildet den Abschluss der Themen des Obergeschosses.
Im Erdgeschoss setzt sich der Rundgang mit internationalem Design und Technik nach 1945 fort und zeigt unter anderem Technikgerät der Nachkriegszeit. Exemplarisch für das Ringen um die Gute Form stehen unter anderem die Typenmöbelprogramme des VEB Deutsche Werkstätten Hellerau aus den 1950er und 1960er Jahren. Ein Fokus liegt auf dem ostdeutschen Design. Dabei sind Parallelen wie auch Unterschiede zur Designentwicklung im westlichen Teil Deutschlands ablesbar. Internationales Möbeldesign, Systemdesign der 1960er und 1970er Jahre, die bunte Formenwelt der Pop-Ära stehen ebenso im Blickpunkt wie die künstlerischen Unikate der Studioglas- und der internationalen Studiokeramikbewegung bis heute. Mit jüngsten Ankäufen von den Grassimessen mündet der Rundgang in der Gegenwart.
Medienraum White Cube
Das Museum wagt am Ende der Ständigen Ausstellung ein Experiment. An Stelle der klassischen Präsentation von Objekten steht eine interaktive Rauminstallation. Das unter Leitung von Axel Buether, Professor für gestalterische und künstlerische Grundlagen an der Burg Giebichenstein/ Kunsthochschule Halle in Zusammenarbeit mit dem Museum entwickelte Forschungsprojekt lädt die Besucher ein, sich in einem computergenerierten Raum zu bewegen. Wird der Besucher zuvor in den drei Ausstellungsrundgängen mit einer Fülle von Originalobjekten und Informationen konfrontiert, kann er sich hier mit allen Sinnen selbst in Gestaltungsprozesse einbringen. Fünf Szenarien, gespeist aus charakteristischen Gestaltungsmerkmalen vom Jugendstil bis zur Gegenwart, reflektieren das gerade in der Ausstellung Erlebte reduziert auf Grundlegendes, optisch verfremdet. Die Computer-Animationen reagieren direkt auf die Bewegungen der Besucher im Raum. Die Veränderungen führen aus der gewohnten Sicherheit heraus und stimulieren die Akteure zu neuer Balance. Im Spiel mit Formen, Farben und Strukturen richten sich die Sinne auf allgemeine, immer wiederkehrende Gestaltungsfragen. In der Gegenwart angekommen, kann der Akteur aus der Fülle medialer Informationen eigene Pfade wählen und dabei auch einen Ausblick in die Zukunft tun.
Wann
Eröffnung am Sonntag, 4. März 2012, 11 Uhr
Wo
GRASSI Museum für Angewandte Kunst
Johannisplatz 5-11
04103 Leipzig
Hinweis: Mit dem Relaunch von leipzig.de 2013 sind Bilder und Verlinkungen dieses Artikels nicht mehr verfügbar.