Die Stadt Leipzig geht nach wie vor davon aus, dass das Factory Outlet Center Wiedemar eindeutig negative Auswirkungen auf die integrierten Zentren der Stadt Leipzig und die Region Halle/Leipzig hat. Angesichts der aktuellen Äußerungen des Investors ist Folgendes festzustellen:
- Das vom Investor bei der GfK in Auftrag gegebene Gutachten geht von einem Umsatz des FOC von 38,8 bis 43,1 Millionen Euro aus. Legt man einen Umsatz in der Stadt Leipzig von 229,4 Millionen Euro im Bekleidungssektor zu Grunde, wie im Jahr 2009 erreicht, entspräche dies einem Verhältnis von 20 Prozent der in diesem Sektor in der Stadt Leipzig erwirtschafteten Umsätze.
- Selbst das Gutachten der GfK geht von einer Umsatzumverteilung von vier Prozent zulasten der Stadt Leipzig aus, entsprechend eines Umsatzes von 10 Millionen Euro, der allein der Leipziger Innenstadt jährlich verloren gehen würde (vgl. GfK 2009). Unabhängig davon ist das genannte Gutachten der GfK aus Sicht der Stadt Leipzig nicht in allen Punkten plausibel.
- Auch geringere Umsatzumverteilungen wirken sich in der Stadt Leipzig sowie insbesondere in der gesamten Region besonders stark negativ aus, da die Stadt Leipzig im Vergleich zu Großstädten vergleichbarer Größe eine deutlich geringere Kaufkraftbindung aufweist. So liegt die durchschnittliche Kaufkraft je Einwohner in der Stadt Leipzig 13 Prozent unterhalb des Bundesdurchschnitts, während sie z. B. in Karlsruhe vier Prozent über dem Bundesdurchschnitt und in Frankfurt a. M. sowie Wiesbaden sogar um neun Prozent darüber liegt.
- Auch bei stabiler Gesamtverkaufsflächenentwicklung in der Leipziger Innenstadt ist der Anteil der Verkaufsfläche des Bekleidungssektors seit fünf Jahren leicht rückläufig. Dementsprechend hätten die Begrenzungen des entsprechenden Sortiments, die der Investor im städtebaulichen Vertrag zuzusichern bereit wäre, keinerlei positive Effekte auf den Einzelhandel in der integrierten Leipziger Innenstadt. Dies gilt insbesondere für den Verkauf attraktiver Markenwaren, auch wenn diese nicht aus der aktuellen Kollektion sind oder kleinere Fehler aufweisen, da der Kunde hier nicht differenziert.
- Bei den vom Investor genannten 500 Arbeitsplätzen ist davon auszugehen, dass in einem auf Abverkauf spezialisierten FOC vor allem Personal im Niedriglohnbereich eingesetzt wird, zulasten des Fachpersonals in den integrierten Zentren der Region.
- Der Landesentwicklungsplan Sachsen bekennt sich eindeutig zur Konzentration des Einzelhandels in den integrierten Zentren. Weder die Landesdirektion Leipzig noch das Oberverwaltungsgericht Bautzen haben eine inhaltliche Bewertung vorgenommen, ob das FOC schädliche Auswirkungen auf die zentralen Versorgungsbereiche der Stadt Leipzig hat oder darüber, ob das Vorhaben mit einer strukturverträglichen Entwicklung des Einzelhandels in der Region Halle/Leipzig vereinbar ist. Damit ist bisher keine Auseinandersetzung mit den Widersprüchen zum Landesentwicklungsplan erfolgt.
- Gerade vor dem Hintergrund, dass in den letzten Jahrzehnten erhebliche öffentliche und private Mittel konform zum Landesentwicklungsplan in die Attraktivierung der integrierten Zentren investiert wurden, ist eine solche Investition, die aus den genannten Gründen zu einer Schwächung dieser Zentren führt, eindeutig konträr zu den Zielen der Landesplanung.
- Negative Auswirkungen ergeben sich nicht nur für das integrierte Zentrum der Stadt Leipzig, sondern für die Zentren eines weiten Einzugsbereich, der im Nordwesten bis vor Magdeburg, im Süden bis vor Zwickau und vor Chemnitz, im Südosten bis vor Dresden und im Nordosten entlang der Bundesautobahn 9 bis an die brandenburgische Landesgrenze reicht, so das vom Investor beauftragte Gutachten der GfK. In Summe errechnet sich demnach für das abgegrenzte Einzugsgebiet ein Einwohnerpotenzial von insgesamt 3,3 Millionen Einwohnern.
- Der Vorschlag des Investors, das FOC mit dem Namen Leipzig-Halle zu bezeichnen trägt aus Sicht der Stadt Leipzig nicht zur Minderung der vorgenannten Auswirkungen bei. Im Gegenteil scheint es wahrscheinlich, dass das FOC von einer solchen Namensgebung profitiert, da der Name Wiedemar insbesondere für Ortsunkundige einen sehr viel geringeren Bekanntheitsgrad hat als die Bezeichnung Leipzig-Halle.
Die Stadt Leipzig hat in der Tat die Gesprächsangebote des Investors bisher nicht angenommen. Ansprechpartner für dieses Vorhaben für die Stadt Leipzig ist die Gemeinde Wiedemar als Trägerin der Planungshoheit. Mit der Oberbürgermeisterin der Gemeinde Wiedemar erfolgt aktuell eine Terminabstimmung. Schriftliche Kontakte zur Gemeinde Wiedemar gab es bereits im Sommer. Bisherige unterbreitete Angebote waren nicht geeignet, einer strukturverträglichen Entwicklung des Einzelhandels in der Region Halle/Leipzig gerecht zu werden.
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