Seit der Einführung der Reformation in Leipzig 1539 bildete die evangelisch-lutherische Konfession die Basis für das religiöse und soziale Zusammenleben. In die pulsierende Handelsmetropole kamen jedoch - besonders zu den drei jährlichen Messen - Menschen aus ganz Europa und darüber hinaus mit unterschiedlichen Konfessionen und Religionen. "Die Stadt und die evangelisch-lutherische Kirchenbehörde wachten streng über 'unliebsame' Glaubensausübungen", erklärt Kuratorin Maria Hübner vom Bach-Museum.
Dennoch begann um 1700 unter der Regierung des sächsischen Kurfürsten August des Starken - nicht zuletzt aus machtpolitischen und wirtschaftlichen Interessen - eine Lockerung der bis dahin weitgehend religiösen Einheitlichkeit. So entstanden in den Jahren 1702 eine evangelisch-reformierte, 1710 eine katholische und 1743 eine griechisch-orthodoxe Gemeinde. Jüdische Händler durften während der Handelsmessen zumindest eingeschränkt ihre Religion ausüben. "Wir zeigen in der Ausstellung unter anderem ein Dokument, das die Verteilung der Einwohner nach ihren Konfessionen in den damaligen Stadtvierteln auflistet", erläutert die Kuratorin. In einer Vitrine sind in der Ausstellung auch der Kelch aus der Thomaskirche, aus dem Johann Sebastian Bach und seine Familie das Abendmahl empfingen, und der Kelch der katholischen Kapelle in der Pleißenburg zu sehen.
Die zu den Handelsmessen anwesenden osmanischen Händler waren zumeist christliche und jüdische Kaufleute. "Ob sich unter ihnen auch Muslime befanden, ist ungewiss", so Hübner. Doch der Koran und andere orientalische Schriften waren für Leipziger Gelehrte von großem Interesse. Zu den bedeutenden Leipziger Koranforschern gehörte Christian Ludovici, der ein zweibändiges Koran-Lexikon verfasste und damit seiner Zeit weit voraus war. Teile daraus sind in den "Glaubenswelten"zu sehen.
Bach und die Konfessionen
Und wie war Johann Sebastian Bachs Verhältnis zu den Konfessionen? Er selbst war überzeugter Lutheraner, legte vielen seiner Kantaten Luther-Choräle zugrunde. Doch schon in seiner Köthener Zeit als Hofkapellmeister kam er mit anderen Konfessionen in Kontakt: Sein Dienstherr Fürst Leopold war evangelisch-reformiert. Zu dessen Tod komponierte Bach, nun schon in Leipzig, eine Trauermusik. Die Ausstellung zeigt daraus einen Textdruck von 1729.
Zu den wertvollsten Ausstellungsstücken gehören Stimmen aus der Missa h-Moll BWV 232 (Kyrie und Gloria der späteren h-Moll-Messe), die Bach dem katholischen Kurfürsten Friedrich August II. widmete.
Abschied von Maria Hübner
Die "Glaubenswelten" ist die letzte Ausstellung, die Maria Hübner gestaltet hat. Die Musikwissenschaftlerin geht nach 30 arbeitsreichen Jahren im Bach-Archiv, in denen sie 22 Ausstellungen kuratiert hat, 2017 in den Ruhestand. Doch will sie Bach und seiner Familie treu bleiben, eventuell mit einer weiteren Veröffentlichung zu den Frauen der Familie. "Bach lässt einen nicht los..."
Weitere Informationen
Ausstellung "Glaubenswelten" bis 25. Juni 2017
Bach Museum leipzig
Thomaskirchhof 15
04109 Leipzig
Öffnungszeiten
Dienstag bis Sonntag: 10-18 Uhr