"Mit ca. 5 bis 6 Zentnern ist der Teppich nicht außerordentlich gewichtig, aber die fast 10 Meter lange Rolle passt nicht durch das Treppenhaus", so Christine Becker, Mitarbeiterin des Stadtgeschichtlichen Museums. Diese knifflige Aufgabe erledigte heute unter den neugierigen Blicken von Passanten und Presse der eigens bestellte Lastkran einer Speditionsfirma.
Teppich seit 80 Jahren das erste Mal ausgerollt
Besonders spannend: Der mit farbigem Wollgarn bestickte Teppich wurde zuletzt im Jahr 1933 ausgerollt. "Keiner von uns wusste also, in welchem Zustand sich der Teppich befindet", so Kurator Steffen Poser. Seit über 80 Jahren lagert der Ehrenteppich zusammengerollt und gut verpackt in den Magazinen des Museums. Der zum Empfang der heimkehrenden Truppen gefertigte gigantische Wollteppich wird nun das Herzstück der neuen Ausstellung und erstmals seit 1933 wieder zu sehen sein.
Das monumentale Bildwerk des Ehrenteppich entstand nach einem Entwurf des Leipziger Malers Ernst Rentsch. Zur Unterstützung von Rotem Kreuz, Nationalem Frauendienst und anderen karitativen Vereinigungen beteiligten sich 17.519 Einzelpersonen an seinem Entstehen. Für eine Spende in Höhe zwischen 5 Pfennigen und 5 Mark, je nach prominenter Lage des Stichs, durften die Spender den Stich mit farbigem Wollgarn eigenhändig auf die Vorzeichnung setzen. Jeder Stich sollte dabei dem Gedenken eines Kriegsteilnehmers gewidmet werden, deren Namen in einem heute nicht mehr vorhandenen Buch verzeichnet wurden. Neben von im Felde stehenden Angehörigen fanden sich hier auch zahlreiche prominente deutsche Galionsfiguren des Weltkrieges wie Ferdinand Graf von Zeppelin oder der sächsische Jagdflieger Max Immelmann. Allein 1469 Stiche wurden Paul von Hindenburg gewidmet. Die letzten Stiche am Teppich hat der Leipziger Künstler Max Klinger ausgeführt. Beim Empfang der heimgekehrten Reste der Leipziger Truppen im Dezember 1918 grüßte das fast 10 Meter lange und 3,5 Meter breite farbenprächtige Stück vom Turm des Alten Rathauses. Gemäß dem Willen der Stifterin, der Frau des ehemaligen Bürgermeisters Roth, war der Teppich auch später bei "vaterländischen Feiern und Gedenktagen" an der Fassade des Rathauses zu sehen. Das letzte Mal wurde er zum Appell der SA-Brigade 35 am 19. November 1933 aufgezogen.
Die Ausstellung "Leipziger Erinnerungen an den Großen Krieg 1914-1918. Gott mit uns?" wird vom 22. Oktober 2014 bis zum 4. Januar 2015 im Stadtgeschichtlichen Museum im Böttchergäßchen 3 zu sehen sein.