Mehr als 130 Werke von rund 60 Künstler/-innen aller Gattungen werden zeigen, wie diese eigensinnige und von politischen Zeitrechnungen unabhängige Kunstform in der Vielzahl ihrer Handschriften, Kunstmodelle und Denkarten das Phänomen in Ausdruck und Reflexion kartografiert hat. Auch wenn die Chronologie der ostdeutschen "Selbstbefreiung von unten" durch markante und bislang unbekannte Fotografien und Videoarbeiten in der Ausstellung thematisiert wird, stellt "Point of No Return" nicht die zeitgeschichtliche Dramaturgie der Friedlichen Revolution von 1989 ins Zentrum.
Vielmehr wird erstmals die unmittelbare Vorgeschichte ebenso einbezogen wie die Transformationszeit nach 1989. "Point of No Return" zeigt die bereits in den 1980er Jahren auffallenden "Risse in der Mauer" und deren Gründe, thematisiert deren unerwarteten Fall wie die Neudefinition künstlerischen Schaffens nach 1989.
Wichtige Werke der künstlerischreflexiven Bezugnahme auf die Friedliche Revolution entstanden als Antizipation, Ahnung oder Aktion bereits im Vorfeld des Ereignisses. Andererseits konnten viele gültige künstlerische Positionen erst mit Distanz, Abstand und beobachtetem Wandel gesellschaftlicher Zusammenhänge entstehen.
"Point of No Return" präsentiert zur Veranschaulichung dieses spannungsvollen Gesamtzusammenhangs Arbeiten von ostdeutschen Künstlern aus drei Generationen, die in der DDR in unterschiedlichen Schulen, Milieus und Szenen wirkten. Dabei wird das gesamte Spektrum von staatlicherseits herausgehobenen über kritisch-loyale und nonkonforme Positionen bis hin zu offen dissidentischen mit ihren spezifischen Haltungen zu Wende und Umbruch gezeigt. Ebenso werden Arbeiten von Künstler/-innen vertreten sein, die zwar noch in der DDR geboren wurden, aber nicht mehr die Akteurserfahrung im sozialistischen Kunstsystem mit ihren älteren Kolleg/-innen teilen. Viele junge Künstler/-innen stellen sich heute ganz bewusst in den Kontext ostdeutscher Kunstproduktion und greifen Fragen von Herkunft, Tradierung von Eigensinn und Mentalität aber auch von Hegemonie und "Kolonialisierung" auf.
Die Ausstellung wird von Paul Kaiser (Direktor Dresdner Institut für Kulturstudien), Christoph Tannert (Leiter Künstlerhaus Bethanien, Berlin) und Alfred Weidinger (Direktor Museum der bildenden Künste Leipzig) kuratiert.
Zeit und Ort
8. Mai bis 10. September 2019
Museum der bildenden Künste
Katharinenstraße 10
04109 Leipzig