tädte fordern von neuer Regierung: Rasch über Jobcenter entscheiden, Gewerbesteuer muss unangetastet bleiben
Unmittelbar nach der Bundestagswahl haben die deutschen Städte für eine Partnerschaft von Bund, Ländern und Kommunen plädiert, um die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise zu bewältigen. Die Städte sind bereit, in der neuen Legislaturperiode nach Kräften dazu beizutragen, dass die Zukunftsaufgaben in Deutschland gemeistert werden können. Umgekehrt brauchen wir Unterstützung von Bund und Ländern, damit wir trotz der Krise unsere Rolle als Dienstleister für die Bürgerinnen und Bürger erfüllen können etwa bei der städtischen Infrastruktur, bei den Hilfen für Langzeitarbeitslose oder der Kinderbetreuung, sagte die Präsidentin des Deutschen Städtetages, die Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth, heute nach einer Präsidiumssitzung in Leipzig.
Das Präsidium des kommunalen Spitzenverbandes beschloss zehn Hauptforderungen an den neuen Bundestag und die neue Bundesregierung sowie einen ausführlichen Katalog. Kernpunkte der Forderungen sind:
- Die Städte drängen darauf, dass sofort nach Bildung der neuen Bundesregierung über die Zukunft der Jobcenter und die Organisation der Hilfen für Langzeitarbeitslose entschieden wird.
- Die Gewerbesteuer als wichtigste Steuer der Städte muss Bestand haben. Forderungen, die Gewerbesteuer zu schwächen oder gar abzuschaffen, werden auf den entschiedenen Widerstand der Städte stoßen. Die Verbesserungen durch die 2008 in Kraft getretene Unternehmenssteuerreform dürfen nicht rückgängig gemacht werden.
- Die Städte fordern eine Entlastung bei ihren ständig steigenden Sozialausgaben, in einem ersten Schritt durch eine höhere Beteiligung des Bundes an den Unterkunftskosten für Langzeitarbeitlose ab dem Jahr 2010.
- Für den Ausbau der Kinderbetreuung hält der Deutsche Städtetag zusätzliche Finanzhilfen des Bundes für nötig, da andernfalls der beschlossene Rechtsanspruch auf Betreuung ab dem Jahr 2013 zu scheitern droht.
Steuereinnahmen brechen als Folge der Wirtschafts- und Finanzkrise auf allen öffentlichen Ebenen dramatisch ein. Gleichzeitig wachsen kommunale Aufgaben und Ausgaben vor allem im Sozialbereich, betonte die Städtetagspräsidentin: Uns sind die Haushaltsprobleme von Bund und Ländern wohl bewusst. Aber wir gehen auch davon aus, dass die Bundesregierung und die Landesregierungen ein großes Interesse an handlungsfähigen Städten haben. Wir müssen gemeinsam verhindern, dass Städte finanziell zusammenbrechen und ihren Bürgern immer weniger soziale und kulturelle Angebote machen können. Krisenzeiten brauchen stabile Kommunen, denn dort leben die Menschen. In diesem Jahr verschlechtere sich der Saldo zwischen kommunalen Einnahmen und Ausgaben voraussichtlich um mehr als zehn Milliarden Euro, ab 2010 seien zweistellige Milliarden-Defizite zu befürchten. Und die kurzfristigen Kassenkredite der Kommunen hätten im ersten Halbjahr 2009 eine neue traurige Rekordmarke von 32,6 Milliarden Euro erreicht.
Gewerbesteuer muss Bestand haben
Mit Blick auf die Gewerbesteuer sagte die Präsidentin: Die Gewerbesteuer als wichtigste Steuer der Städte muss Bestand haben. Wir bauen hier auf eine klare Zusage der Bundeskanzlerin. Die Kanzlerin hatte am 26. Mai 2009 in Berlin erklärt: Ich habe auf dem Deutschen Städtetag eine Zusage gemacht, die wir auch halten werden. Die Gewerbesteuer bleibt unangetastet. Die Städtetagspräsidentin ergänzte, die Gewerbesteuer habe in den vergangenen Jahren auch durch die Unternehmenssteuerreform an Stabilität und Aufkommen gewonnen: Die aktuellen konjunkturbedingten Einbrüche ändern nichts daran, dass die Gewerbesteuer eine gute Steuer ist.
Neuorientierung Jobcenter
Zur Neuorganisation der Jobcenter erklärte sie: Es ist wertvolle Zeit ungenutzt verstrichen, seit das Bundesverfassungsgericht im Dezember 2007 die Arbeitsgemeinschaften aus Arbeitsagenturen und Kommunen für verfassungswidrig erklärt hat. Wir appellieren deshalb dringend an die künftige Koalition, rasch zu handeln. Im Interesse der Langzeitarbeitslosen, deren Zahl wieder deutlich anwachsen wird, bedarf es schnell arbeitsfähiger Strukturen. Der Deutsche Städtetag befürworte in erster Linie eine Verfassungsänderung, um die Arbeitsgemeinschaften abzusichern. So könne eine Leistung beider Träger aus einer Hand gewährleistet, höherer Verwaltungsaufwand vermieden und der kommunale Einfluss auf die lokale Arbeitsmarktpolitik gesichert werden. Sollten jedoch für eine Verfassungsänderung die politischen Mehrheiten fehlen, müssten Strukturen für eine Kooperation von Kommunen und Arbeitsagenturen geschaffen werden.
Höhere Beteiligung des Bundes bei Unterhaltskosten
Eine höhere Beteiligung des Bundes an den Unterkunftskosten für Langzeitarbeitslose und ihre Familien fordert der Deutsche Städtetag als eine der ersten Maßnahmen der neuen Regierung in diesem Herbst. Der stellvertretende Präsident des Deutschen Städtetages und Nürnberger Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly wies darauf hin, dass die Sozialausgaben der Kommunen voraussichtlich in diesem Jahr erstmals ein Volumen von 40 Milliarden Euro erreichen werden. Das sei ein dramatischer Anstieg um 80 Prozent seit 1992.
Spürbare Entlastung der Kommunen bei Sozialausgaben gefordert
Maly: Vor allem strukturschwache Städte mit hoher Arbeitslosigkeit können die hohen Sozialausgaben nicht mehr allein schultern. Wir fordern deshalb eine spürbare Entlastung der Kommunen bei den Sozialausgaben. Es geht natürlich nicht darum, die Leistungen für die Menschen zu reduzieren. Weil die Arbeitslosigkeit steigt, muss sich der Bund in einem ersten Schritt stärker an den Unterkunftskosten beteiligen. Es wäre abenteuerlich, trotz steigender Ausgaben der heutigen Berechnungsformel zu folgen und den Bundesanteil zu senken. Dann würden die Kommunen, die bereits drei Viertel dieser Ausgaben mehr als zehn Milliarden Euro tragen, 2010 um weitere zwei Milliarden Euro belastet. Die Formel müsse so geändert werden, dass sich der Anteil des Bundes an der tatsächlichen Kostenentwicklung orientiere und nicht an der Zahl der Bedarfsgemeinschaften.
Ausbau der Kinderbetreuung gefährdet
Den Ausbau der Kinderbetreuung sieht der Deutsche Städtetag im vorgesehenen Umfang ernsthaft gefährdet. So sehr sich die Städte für diese Aufgabe engagieren und Plätze ausbauen: Ohne weitere Bundeshilfen werden wir 750.000 Betreuungsplätze für unter Dreijährige und einen Rechtsanspruch auf Betreuung bis 2013 nicht verwirklichen können. Der Bund hat die Kostenfolgen unterschätzt, zumal der Rechtsanspruch nicht einkalkuliert war, sagte der stellvertretende Städtetagspräsident Maly. Die vom Bund veranschlagte Gesamtsumme von 12 Milliarden Euro sei noch nicht voll finanziert und reiche für den Ausbau bis hin zu einem Rechtsanspruch mit Sicherheit nicht aus. Die bisherige Beteiligung des Bundes mit vier Milliarden Euro sei dennoch ein wichtiger Schritt gewesen.
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