Mendelssohn Bartholdy, Cécile - Leipziger Frauenporträts
Cécile Mendelssohn Bartholdy, geb. Jeanrenaud, Ölporträt von Leopold Eduard Magnus © Staatsbibliothek BerlinBilder vergrößert anzeigen
Rubrik
- Musik
- Salonkultur
geboren/ gestorben
10. Oktober 1817 (Lyon) - 25. September 1853 (Frankfurt am Main)
Zitat
"Cécile ist ein so liebenswürdiges, kindhaft unbefangenes, frisches erquickliches, immer gleich und heiter gestimmtes Wesen, daß ich Felix nur glücklich preisen kann, sie gefunden zu haben, ...."
Fanny Hensel 1836 in einem Brief an Karl Klingemann.
(Zitiert nach: Sebastian Hensel: Die Familie Mendelssohn 1729 bis 1847 nach Briefen und Tagebüchern, Band 2, Berlin 1908, Seite 42.)
Kurzporträt
Cécile, Ehefrau des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy und Mutter von fünf Kindern, war zuständig für das rege gesellschaftliche und musikalische Leben im Hause. Eigene und gemeinsame Bilder zeugen von ihrer künstlerische Begabung.
Herkunftsfamilie
- Mutter: Elisabeth Wilhelmine Souchay de la Duboissière (1796-1871)
- Vater: August Jeanrenaud (1788-1819), Prediger an der reformierten französischen Gemeinde in Frankfurt/ Main
- Drei Geschwister:
- Carl Jeanrenaud (1814-1891), Anwalt und Abgeordneter in Frankfurt
- Julie Sophie Schunck, geb. Jeanrenaud (1816-1875), Ehefrau eines Leipziger Kaufmanns
- Auguste Sophie Friederike Jeanrenaud (1819-1832)
Biografie
Cécile Sophie Charlotte Jeanrenaud war das dritte Kind von August Jeanrenaud und Elisabeth Wilhelmine Jeanrenaud geborene Souchay de la Duboissière. Sie wurde in Lyon geboren, wohin die Familie wegen der Krankheit des Vaters gezogen war. Zuvor wirkte dieser seit 1810 Prediger an der französisch-reformierten Kirche in Frankfurt am Main. Nach dem Tod des Vaters 1819 zog die 22-jährige Witwe mit ihren Kindern in ihr Frankfurter Elternhaus. Céciles Mutter entstammte der dort lebenden einflussreichen hugenottischen Patrizier-Familie Souchay. Cécile wuchs zweisprachig französisch und deutsch auf, kommunizierte auch in Englisch und Italienisch, lernte zeichnen und aquarellieren .
Ihre musikalische Ausbildung erhielt sie im Frankfurer Cäcilienverein. Dort lernte sie am 04. 05.1836 als 18-Jährige den acht Jahre älteren Felix Mendelssohn Bartholdy kennen. Der Leipziger Gewandhauskapellmeister hatte nach Abschluss der Konzertsaison zugesagt, den erkrankten Frankfurter Chorleiter Johann Nepomuk Schelble zu vertreten. Seinem Freund Ferdinand Hiller berichtete er später, er habe sich auf der Stelle in Cécile verliebt - womöglich auch, weil die junge Frau wie er selbst künstlerisch mehrfachbegabt war.
Am 09.09.1836 machte Mendelssohn Cécile während eines Ausflugs in den Taunus einen Heiratsantrag und reiste kurze Zeit später wieder nach Leipzig ab. Nach Abschluss der Saison kehrte er nach Frankfurt zurück, wo am 28.03.1837 Hochzeit gefeiert wurde. Während der siebenwöchigen Hochzeitsreise, die rheinaufwärts bis in den Breisgau führte, schrieb und zeichnete das Ehepaar ein gemeinsames Reisetagebuch, einsehbar im Leipziger Mendelssohn-Haus. Am Ende des Sommers übersiedelte Cécile nach Leipzig und bezog die erste gemeinsame Wohnung im Haus "Lurgensteins Garten".
In den Jahren zwischen 1838 und 1845 brachte Cécile fünf Kinder zur Welt: Carl Wolfgang Paul (1838-1897), Marie Helene Pauline (1839-1897), Paul Felix (1841-1880), Felix August Eduard (1843-1851) und Fanny Henriette Elisabeth, genannt Lili (1845-1910). In Felix' Briefen finden sich zahlreiche Erwähnungen zum Familienleben. Am 26.10.1840 schrieb er etwa an Karl Klingemann: "Neben mir spielt mein Junge mit seinem Baukasten, und baut einen großen Thurm um einen Mops aus chocolade, Cécile geht ab und zu, und die Kleine schläft - dass giebt nun einen stillen, frohen Morgen!"
Im Haus der Mendelssohns spielte sich einerseits ein reges gesellschaftliches Leben mit Gästen, Musik und Gesprächen ab, andererseits war es auch familiärer Rückzugsort. Ein von Cécile und Felix gemeinsam gezeichnetes Aquarell von 1840 verdeutlicht dies: Im schlicht eingerichteten Biedermeier-Zimmer mit Kaffeegeschirr auf dem Tisch zeigt es Frau und Kinder, die auf den Familienvater warten. Die Personendarstellungen wurden von Cécile eingefügt, die im figürlichen Zeichnen die Talentiertere war.
Als die Familie im August 1845 die größere Wohnung in der Königsstraße 3 bezog, war Cécile hochschwanger. Felix musste sich daher um den Umzug selbst kümmern: In einem Brief an Klingemann amüsierte er sich über den Unmut der Gattin, weil er "den Saal rot möblieren wollte und das blaue Zimmer braun" - zweifellos nur ein kleiner Kritikpunkt in einer ausgesprochen glücklichen Ehe: "Einen so verliebten Ehemann habe ich doch in meinem Leben noch nicht gesehen", schrieb Felix' Schwester Rebecka 1840 an ihre Schwägerin. Ließ Felix in den ersten Ehejahren während der ausgedehnten Sommergastspiele die Familie noch in Leipzig zurück, so begleitete ihn Cécile dann 1842 nach England. Gemeinsame Urlaube führten die Familie in den Folgejahren auch mehrfach in die Schweiz.
Der frühe Tod des Ehemanns am 04.11.1847 beendete das Glück jäh, doch die Verbindung zu engen Freunden riss nicht ab. So berichtete Clara Schumann: "Madame Mendelssohn lieb und freundlich, es erfüllte einen aber recht mit Wehmut, wenn man die schönen Kinder sieht, die so frühzeitig solch einen Vater verloren." Als Cécile selbst schwer erkrankte, löste sie die Leipziger Wohnung auf, übertrug die Vormundschaft für ihre Kinder auf ihren Schwager, den Berliner Bankier Paul Mendelssohn Bartholdy, und übersiedelte nach Berlin. Dort musste sie am 16.02.1851 den Tod ihres jüngsten Sohnes Felix, der erst sieben Jahre alt war, beklagen. Schon frühzeitig stellte Cécile in Berlin die Pflege des künstlerischen Erbes ihres verstorbenen Ehemannes in den Mittelpunkt eigener Verhandlungen mit Verlegern.
Cécile Mendelssohn Bartholdy starb am 25.09.1853 bei einem Erholungsaufenthalt im Hause ihrer Mutter in Frankfurt am Main. Sie wurde im Familiengrab der Jeanrenauds und Souchays auf dem Frankfurter Hauptfriedhof begraben. Ihr Grabkreuz trägt auf der Rückseite die paraphrasierte biblische Inschrift "Elle n'est pas ici; pourquoi chercher parmi les morts ceux, qui sont vivant?" ("Sie ist nicht hier. Was sucht ihr die Lebenden bei den Toten?", Lk. 24,5). Die Frankfurter Mendelssohn-Gesellschaft ließ ihr verwittertes Grab im Jahr 2004 renovieren.
Werke
- Bericht über den Tod ihres Mannes, enthalten in: Peter Ward Jones (Herausgeber): Felix Mendelssohn Bartholdys Tod: Der Bericht seiner Frau. Mendelssohn Studien Band 12, Hannover 2001, Seite 205-225.
- Felix und Cécile Mendelssohn Bartholdy. Das Tagebuch der Hochzeitsreise, herausgegeben von Peter Ward Jones, Zürich 1997.
- Briefwechsel mit Familienmitgliedern, mit Karl Klingemann, Ferdinand David, Clara Schumann, Gottfried Kinkel, Ottilie von Goethe, Ulrica von Pogwisch, Johann Gustav Droysen, Dr. Hermann Härtel und Frau sowie weiteren Musikverlegern u.a.m. Nachweis in: https://kalliope-verbund.info/query?q=C%C3%A9cile%20Mendelssohn&htmlFull=false&lang=de&q.page=1&lastparam=true (Abruf 02/2021)
Adressen in Leipzig
- Oktober 1837 bis August 1845: Lurgensteins Garten (heute Dittrichring 3); (1843-45 lebte die Familie hauptsächlich in Berlin und Frankfurt, gab jedoch die Leipziger Wohnung nicht auf)
- August 1845 bis Februar 1848: Königstraße 3 (heute Goldschmidtstr. 12; seit 1997 Museum im Mendelssohn-Haus)
Erinnerung/ Gedenken/ Würdigung in Leipzig
- Museum Mendelssohn-Haus (Goldschmidtstraße 12): Die Dauerausstellung präsentiert die Einrichtung der letzten Wohnung der Familie Mendelssohn aus dem Jahr 1845 bis 1848 und zeigt zahlreiche Gegenstände und Dokumente mit Bezug zu Cécile. Darunter die Reproduktion des Ölgemäldes "Die Witwe Cécile Mendelssohn Bartholdy" von Gustav Ferdinand Metz, 1852.
- Evangelisch-Reformierte Kirche: Die Kirchgemeinde, der die Familie in Leipzig angehörte, präsentiert Porzellanmedaillons "Felix Mendelssohn Bartholdy" und "Cécile Jeanrenaud".
- 2022 stand ihr Name auf der von der AG Frauenprojekte initiierten Liste mit über 80 Vorschlägen für weibliche Straßennamen in Leipzig, die der Stadt übergeben wurde.
- 11.09.2022 Gegenwart aus Tradition gestalten. Jüdische Frauenperspektiven in Leipzig. Symposium & Workshops des Netzwerkes Jüdisches Leben Leipzig und von Bet Debora Berlin mit Erinnerungen an Henriette Goldschmidt (1825-1920), Bettina Brenner (1877-1948), Edith Mendelssohn Bartholdy (1882-1969), Louise Ariowitsch (1856-1939), Gertrud Herrmann (1896-1942 deportiert), Gerda Taro (1910-1937), Felicia Hart (1903-1976), Alice Seiffert (1897-1976) (alle aus dem Frauen online-Portal) und andere mehr
Zum Weiterlesen/ Literatur/ Quellen
- Dinglinger, Wolfgang und Elvers, Rudolf (Herausgeber): Lea Mendelssohn Bartholdy: Ewig die Deine. Briefe an Henriette von Pereira-Arnstein. 2 Bände, Hannover 2010.
- Hensel, Sebastian: Die Familie Mendelssohn 1729 bis 1847 nach Briefen und Tagebüchern, Band 2, Berlin 1908.
- Jones, Peter Ward (Herausgeber): Felix und Cécile Mendelssohn Bartholdy. Das Tagebuch der Hochzeitsreise nebst Briefen an die Familie. Zürich 1997.
- Jones, Peter Ward (Herausgeber): Felix Mendelssohn Bartholdys Tod: Der Bericht seiner Frau. In: Mendelssohn Studien, Band 12, Hannover 2001, Seite 205-225.
- Klingemann, Karl (Herausgeber): Felix Mendelssohn-Bartholdys Briefwechsel mit Legationsrat Karl Klingemann in London. Essen 1909.
- Kunze, Hagen: Lobgesang. Mendelssohn in Leipzig. Leipzig 2009.
- Lambour, Christian: "Erinnerungen an Cécile und Felix Mendelssohn Bartholdy von Eduard Souchay de la Duboissière", in: Mendelssohn Studien, Band 16, Hannover 2009, Seite 211-222.
- Lackmann, Thomas: Das Glück der Mendelssohns. Geschichte einer deutschen Familie, Berlin 2015.
- Litzmann, Berthold: Clara Schumann. Ein Künstlerleben. Nach Tagebüchern und Briefen, Band 2, Leipzig 1906.
- Panwitz, Sebastian und Schmidt-Hensel, Roland Dieter (Hrsg.): 250 Jahre Familie Mendelssohn, Hannover 2014.
- Richter, Brigitte: Frauen um Felix Mendelssohn Bartholdy. Bildnisse und Texte. Leipzig 1998, Seite 113 und folgende
- Richter, Brigitte: Freunde zu Gast im Hause Felix Mendelssohn Bartholdys in Leipzig, Leipzig 2011.
- Schmidt, Christiane: Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig, Heidelberg 2014.
- Todd, R. Larry: Felix Mendelssohn Bartholdy. Sein Leben. Seine Musik. Stuttgart 2008.
Autor: Hagen Kunze, 2020